Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

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Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum. 
sichtigen, über Religion, Gesetz und Sitte zu wachen und das Recht 
der Einsprache gegen Beschlüsse des Rates und der Volksversammlung. 
Seine Gerichtssitzungen hielt er bei Nacht ohne Licht. Die Thatsachen 
mußten bei denselben schlicht vorgetragen werden; die Richter stimmten 
durch Scherben, welche sie entweder in die Urne des Todes oder des 
Mitleids warfen. Waren die Stimmen gleich, so warf der Gerichts¬ 
diener im Namen der Göttin Athene eine Scherbe in die Urne des 
Mitleids, und dadurch wurde der Angeklagte frei. Neben dem Areo- 
pag bestanden noch die niederen oder Volksgerichte, deren Mit¬ 
glieder in der Volksversammlung jährlich aus allen vier Klassen ge¬ 
wählt wurden. Sie hatten die Rechtssachen über Leben, Eigentum 
und Bürgerrecht unter sich. Zum Kriegsdienst war jeder 
Bürger vom 18. bis zum 60. Lebensjahre verpflichtet. An der Spitze 
des Kriegswesens standen zehn Strategen, die ebenfalls jährlich 
gewählt wurden. Alle Ämter mußten unentgeltlich verrichtet werden. 
Um die Athener über die übrigen Hellenen zu erheben, forderte 
er bei der Erziehung der Jugend eine gleichmäßige Ausbildung 
von Körper und Geist, machte dieselbe aber nicht zur Staatssache wie 
Sparta, sondern überließ sie der Sorge des Hauses. Jeder Knabe 
mußte ein Gewerbe lernen, damit er sich dem Staate nützlich machen und 
seine Eltern, wenn nötig, im Alter unterstützen konnte. Der regel¬ 
mäßige Unterricht begann in der Folge mit dem 7. Jahre. Die Jugend 
lernte Lesen, Rechnen und Schreiben auf Wachstafeln, vaterländische 
Lieder und Homers Dichtungen, die mit Begleitung der Kithara, 
eines Saiteninstrumentes, vorgetragen wurden. Der Unterricht wurde 
entweder von Hofmeistern (Pädagogen), denen die ganze Erziehung 
aufgetragen war, im Hause oder von Lehrern in Privatschulen erteilt. 
Neben dem Unterricht wurden in Gymnasien oder Turnhäusern die 
verschiedenen Leibesübungen betrieben. Mit dem 18. Jahre trat die 
Mündigkeit und ein zweijähriger Kriegsdienst ein, mit dem 20. Jahre 
das Stimmrecht in der Volksversammlung. Der Mädchenunterricht 
wurde ganz im Hause erteilt und blieb meist auf Handarbeiten und 
die Erlernung des Hauswesens beschränkt (§. 30, 4). 
Jeder Bürger mußte an dem Staatsleben regen Anteil nehmen. 
Wer in gefahrvollen Zeiten von den Volksversammlungen fern blieb, 
ging feines Bürgerrechtes verlustig. 
Nachdem Solon seine Gesetze auf hölzernen Tafeln hatte eingraben 
und auf der Burg hatte aufstellen lassen, ließ er feine Mitbürger 
schwören, die erhaltenen Gesetze zehn Jahre lang beizubehalten. Er 
verließ sodann seine Vaterstadt und begab sich auf Reifen nach Klein-
	        
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