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Erster Abschnitt.
licher Verehrung, und der Reliquiendienst erlangte eine große Aus¬
dehnung.
Als sich die Priesterkaste der Brahmanen nicht nur in ihrer
Religion, sondern auch in ihren Staatseinrichtungen auf das em¬
pfindlichste bedroht sah, veranlaßte sie gegen den Buddhismus
eine grausame Verfolgung, welche damit endete, daß derselbe aus
Vorderindien gänzlich vertrieben wurde, dagegen die weiteste Ver¬
breitung über Tibet und das östliche Asien gewann, wo er noch
an 150 Millionen Anhänger zählt. Von fremden Eroberern ist
Indien bis auf Alexander den Großen unberührt geblieben.
Kultur. Von der frühzeitigen hohen Bildung der Inder zeugt
ihre Sprache, eine reiche Litteratur, sowie eine Anzahl großartiger
Baudenkmäler.
Die Sprache der Altinder oder eingewanderten Arier war das
Sanskrit (d. H. die vollkommene Sprache). Sie ist, obgleich seit
mehreren Jahrhunderten nicht mehr gesprochen, noch in den Erzeug¬
nissen der ältesten indischen Litteratur vorhanden, steht der allgemeinen
Ursprache der arischen Völkerstämme am nächsten und übertrifft die mit
ihr verwandten Sprachen (die persische, griechische, lateinische, deutsche rc.)
an Ursprünglichkeit, Formenreichtum und Feinheit der Ausbildung.
Im Sanskrit sind die Vedas, die Gesetzbücher des Manu, religiöse
Heldengedichte und andere Dichtungswerke verfaßt.
Die Litteratur erstreckt sich über alle Zweige der Dichtkunst,
der schönen wie wissenschaftlichen Prosa und ist reich an poetischem
Schwung und philosophischer Kraft. Die erste Stelle in derselben
nehmen die Vedas (d. i. Weisheit) ein. Sie bestehen aus 4 Büchern
und enthalten Gebete, religiöse Lieder, Opfervorschriften, Lehren und
Sprüche, die von den Brahmanen studiert und ausgelegt werden.
Die Vedas bilden die Grundlage für die brahmanifche Religion, ja
sie sind die Quelle aller übrigen indischen Litteratur geworden. Am
nächsten stehen ihnen an Bedeutung die Gesetzbücher des Manu
(siehe oben).
Unter den H eld eng edichten ist das älteste das aus 100000
Doppelversen bestehende Epos Maha-BhLrata, das den helden¬
mütigen Geist der Eroberer atmet. Ein anderes ist der Ramä-
jana, in welchem an die Stelle kriegerischer Kraft unterwürfiger
Gehorsam, treue Liebe und aufopfernde Hingabe treten.
Das Epos MähÄ-Bhärata schildert den Hader zweier alten, nahe
verwandten Königsgeschlechter, ihren großen Krieg mit einander und ihren
schrecklichen Untergang. Außerdem enthält es eine große Zahl von Sagen