Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

328 Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum. 
nur die alte Einfachheit, sondern auch die häuslichen Tugenden rasch 
verdrängt wurden. Die Erziehung der Kinder wurde griechischen 
Sklaven, die Führung des Hauswesens besonderen Verwaltern, die 
Küche fremden, teuer erkauften Köchen, die Bestellung des Feldes und 
Besorgung der mannigfaltigen Hausgeschäfte unzuverlässigen Sklaven 
überlassen. Um wegen der allzuhohen Ausgaben, welche die Gefall- 
und Putzsucht der Frauen erheischten, weniger Widerspruch von ihren 
Männern zu erfahren, suchten sie ihre Väter zu einer reichen Aus¬ 
steuer zu bewegen, an welcher der Ehemann keinerlei Anteil erhielt, 
durch Erbschleicherei große Erbschaften an sich zu bringen, Schulden 
zu machen und das geliehene Kapital abzuschwören, an Verschwörun¬ 
gen teil zu nehmen, damit der Umsturz der bestehenden Verhältnisse 
sie aus aller Verlegenheit bringe, oder Betrügereien aller Art zu 
unternehmen. 
Unter diesen Umständen kann man sich nicht wundern, daß die 
Ehelosigkeit in Rom ebenso überhand nahm wie die leichtsinnige 
Ehescheidung. In den ersten 500 Jahren nach Erbauung der 
Stadt soll nicht eine einzige Scheidung vorgekommen sein. Nach den 
punischen Kriegen erfolgten dieselben nicht nur sehr häufig, sondern 
auch auf die leichtsinnigste und willkürlichste Art. Die angesehensten 
Männer im Staate, Sulla, Cäsar, Pompejus, Antonius. Octavian, 
verstießen ihre Frauen ohne jeden triftigen Grund. Manche heirateten 
aus Eigennutz, um Gewinn, Macht und Ansehen zu erzielen. Mit 
vollem Rechte sagte der jüngere Cato, um solche Handlungsweise zu 
charakterisieren: „Durch Weiber und Heiraten werden Heere und 
Ämter vergeben." Aber auch die Frauen lösten leichtsinnig die ein¬ 
gegangene Ehe, sodaß ein alter Schriftsteller meint, die Frauen 
zählen ihre Jahre nicht nach der Zahl der Konsuln, sondern ihrer 
Männer: sie gingen aus, um zu heiraten, und heirateten, um sich 
scheiden zu lassen, während in früherer Zeit eine Frau, welche selbst 
nach dem Tode ihres Mannes eine zweite Ehe einging, in nicht be¬ 
sonderer Achtung stand. 
Die Ansprüche, welche die putzsüchtigen, verschwenderischen und 
leichtsinnigen Frauen Roms damals machten, gaben Veranlassung, 
daß allmählich die Ehe ganz gemieden wurde. Schon Julius Cäsar 
sah sich genötigt, durch gesetzlich festgestellte Belohnungen die Ehe 
zu empfehlen, und Octavianus fand es für nötig, strenge Gesetze 
gegen die Ehelosigkeit zu geben, den übertriebenen Aufwand und die 
allgemeine Schwelgerei zu beschränken und die in Verfall geratene 
Staatsreligion zu stützen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.