Full text: Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an höheren Schulen

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bte Feste Canossa bei Reggio, entschlossen, ben König nicht 
vorzulassen. Allein Heinrich zwang ihn bazn. Drei Januar- 
1077 tage hindurch stanb bie hohe Gestalt des deutschen Königs im 
Büßerhemde barsnß im Schloßhofe, bis Gregor den Bann aufhob. 
Dennoch setzten die Fürsten ihn ab und hoben seinen 
Schwager Rudolf von Schwaben auf den Thron. Aber die 
Handelsleute der Rhein- und Donaustädte blieben Heinrich treu, 
uud Rudolf verblutete in der Feldschlacht bei Mölsen. 
Erbittert über Gregors Härte, führte der König einen 
Gegenpapst nach Rom und ließ sich in der Peterskirche krönen. 
Gregor wurde in der Engelsburg, dem alten Grabmal Hadrians, 
eingeschlossen; der Normannenherzog Robert Guiscard befreite 
ihn. In dem unteritalischen Lande, das er vom Papste zu Leheu 
trug, starb Gregor zu Salerno. „Ich habe die Gerechtigkeit 
geliebt und das Unrecht gehaßt; darum sterbe ich in der Ver- 
bannung," soll er gesprochen haben. 
4. Deutschland verwilderte unter dem allerorts aufflammenden 
Bürgerkrieg. In Schwaben spannten die Bauern einander 
selbst vor den Pflug, weil sie ferne Zugtiere mehr hatten. Aber 
Kaiser Heinrich gewann durch Milde 'immer mehr Große und 
schützte die unteren Stände, namentlich die aufblühenden Städte, 
vor gewaltthätigem Übermut, den er mitunter durch Stäupen, 
Abschlagen der Hand barbarisch züchtigte. Der Gottesfriede 
zog vor ihm her wie der Morgenstern einer neuen Zeit. 
Den bittersten Kummer brachte ihm der Lebensabend. Sein 
ältester Sohn Konrad verdarb im Aufruhr gegen ihn. Um 
den zweiten, Heinrich, scharte sich zu frevelhafter Empörung der 
Adel, der seit dem Königsfrieden nicht mehr mit Scharlachmantel 
und goldenen Sporen auf Raub ausreiten konnte. Durch er- 
heuchelte Reue verleitete der ehrgeizige Jüngling den Vater, sein 
Heer zu entlassen, setzte ihn dann auf der Burg Böckelheim bei 
Ingelheim_ gefangen und zwang ihn zur Abdankung. Aber 
während die Städte am Unterrhein eifrig für ihn rüsteten, über- 
raschte den vielgeprüften Manu in Lüttich der Tod. Er starb 
im Banne. Darum stand sein Sarg in der noch nngeweihten 
Afra-Kapelle des Salierdomes zu Speier fünf Jahre, ehe er 
beigesetzt werden konnte. 
5. Heinrich V. beendete den fünfzigjährigen Investitur- 
1122 streit durch einen Vergleich, das Wormser Kon ko rd at. Der 
Kaiser sollte die vom Domkapitel gewählten Bischöfe mit dem 
Scepter belehrten, dem Sinnbilde der weltlichen Herrschaft, der 
Papst mit den Zeichen des geistlichen Amtes: Ring und Stab.
	        
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