Full text: Geschichtserzählungen

— 39 — 
Land durch den Dreißigjährigen Krieg schwer heimgesucht war, 
ist Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 
12. Der Große Kurfürst (1640-1688). 
1. Seine Jugend. Geboren 1620, wuchs der Prinz unter 
den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges auf. Oft mußte er 
vor den plündernden Kriegshorden fliehen und an festen Orten, 
z. B. in Küstrin, Sicherheit suchen. Da während der unruhigen 
Zeit an eine regelrechte Ausbildung des Prinzen im eigenen 
Lande nicht zu denken war, so wurde er nach Holland geschickt, 
wo sein Oheim, der Prinz von Oranien, Statthalter war. Am 
Hofe im Haag herrschte ein lockeres Leben, und man suchte auch 
den jungen Prinzen in diese Schwelgereien hineinzuziehen. Er 
aber widerstand der Versuchung und verließ sogleich den Hof mit 
den Worten: „Ich bin das meinen Eltern, meiner Ehre und 
meinem Lande schuldig." Er begab sich ins Feldlager zu seinem 
Oheim, der damals die Stadt Breda belagerte. Der nahm ihn 
freundlich auf und sagte: „Eure Flucht ist heldenmütiger, als 
wenn ich das belagerte Breda eroberte. Vetter, Ihr habt das 
getan, Ihr werdet mehr tun. Wer sich selbst besiegt, ist großer 
Taten fähig." — Der Prinz war von allem, was er in Holland 
sah, begeistert. Der blühende Gewerbefleiß, die Kunstleistungen, 
der tüchtige Sinn der Bewohner, der ausgedehnte Handel, die 
mächtig wachsende Schiffahrt — alles das erfüllte ihn mit Be- 
wunderung. Was er hier in Holland gelernt hatte, das sollte 
später während seiner Regierungszeit für sein eignes Land von 
großem Segen werden. 
2. Die Thronbesteigung. Als Friedrich Wilhelm die 
Regierung antrat, war sein Land in einem kläglichen Zustande. 
Das Gebiet des Staates bestand aus drei weit auseinander- 
liegenden Teilen, den klevischen Landen am Rhein, Brandenburg 
in der Mitte und Preußen im Osten. Diese räumliche Trennung 
erschwerte eine einheitliche Leitung außerordentlich. In allen 
drei Gebieten lagen bald die Schweden und bald die Kaiser- 
licheu. Die brandenburgischen Truppen hatten dem Kaiser 
Treue schwören müssen, und die eigentliche Gewalt im Lande 
hatte nicht der Kurfürst, sondern sein Minister, der katholische 
Graf Schwarzenberg. Überall herrschte im Volke Verwirrung,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.