Full text: Unsere Kaiser und ihr Haus

— 230 — 
C. Z)ie KreuZzüge und ihre Iotgen. 
a) Der I. Kreuzzug von 1096—1099. 
«) Die Veranlassung. 
Als Deutschland und Italien durch den Jnvestiturstreit zerrissen 
wurde, da rüstete man sich in den westlichen und südlichen Gegenden Eu- 
ropas zu einem heiligen Kriege, der die Befreiung des heiligen Grabes 
zum Ziele hatte. Es geschah dies auf das Gebot des Papstes, welcher 
vom griechischen Kaiser wiederholt um Hülfe gegen die ihn arg bedrängen- 
den seldschnkkischen Türken angerufen war. Papst Urban II. leistete diesem 
Hülferufe gern Folge, um so ein stattliches Heer zu befehligen, welches er 
auch leicht seinen Ideen und Zwecken dienstbar machen konnte. 
Die Legende berichtet darüber jedoch anders: 
Schon seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeit war es 
Sitte, daß die frommen Christen nach Palästina pilgerten, um hier an 
den heiligen Orten, an denen der Herr Jesus gelebt und gelitten hatte, 
und an seinem Grabe zu beten. Seit dem 7. Jahrhundert herrschten die 
Araber über das heilige Land. Sie gestatteten den Christen gegen Ent- 
richtuug einer mäßigen Steuer, die heiligen Orte zu betreten. Als aber 
1073 die Herrschaft in Jerusalem den seldschnkkischen Türken zufiel, be- 
drückten sie die ansässigen Christen und die frommen Pilger aufs härteste. 
Zu dieser Zeit pilgerte auch ein einfacher Einsiedler, Peter aus 
Amiens, nach Jerusalem. Als er die furchtbaren Leiden der Christen sah, 
und als ihm der Patriarch von Jerusalem die große Not der Christen 
schilderte, faßte Peter den Entschluß, dafür zu wirken, daß das heilige 
Land den Händen der Ungläubigen entrissen werde. Hierin wurde er 
bestärkt, als ihm eines Tages am heiligen Grabe die Stimme des Herrn 
auftrug: „Stehe auf, Peter! Eile, aller Welt die Trübsale meines Volkes 
zu verkündigen. Es ist Zeit, daß meine Diener errettet und die heiligen 
Orte befreit werden!" 
Nun begab sich Peter eilends nach Rom und schilderte dem Papste 
die Leiden der Christen. Der Papst war für einen Zug der Christen 
des Abendlandes zur Befreiung Jerusalems begeistert. Peter durchzog 
darauf Italien und Frankreich, auf einem Esel reitend, angethan mit einem 
groben Mönchsgewand, das durch einen Strick zusammengehalten wurde, 
barhäuptig und barfüßig, predigte dem Volke von den unsäglichen Leiden 
der Christen und begeisterte viele zu einem Zuge nach dem Morgenlande 
zu ihrer Befreiung. 
Der Papst berief 1095 eine große Kirchenversammlung nach Clermont 
in Frankreich. Auf dieser schilderte zunächst Peter mit ergreifenden Worten 
die trübselige Lage der Christen in Palästina. Als dann auch der Papst 
die schändliche Sklaverei der Glaubensbrüder beklagte und die anwesenden 
Ritter aufforderte, ihre Waffen zur Ehre Gottes zu führen und an das 
Wort Christi: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist 
meiner nicht wert; wer sie aber um meinetwillen verläßt, wird das ewige 
Leben ernten", erinnerte, rief die bewegte Menge: „Gott will es! Gott 
will es!" und sogleich meldeten sich viele zu diesem heiligen Kriege. —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.