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21. Die Tanne.
I.
1. Auf des Berges höchster Spitze
Steht die Tanne, schlank und grün;
Durch der Felswand tiefste Ritze
Läßt sie ihre Wurzeln ziehn;
2. Nach den höchsten Wolkenbällen
Läßt sie ihre Wipfel schweifen.
Als ob sie die vogelschnellen
Mit den Armen wollte greifen.
3. Tief in ihren Wurzelknollen,
In den faserigen, braunen.
Winzig klein und reich an tollen
Launen wohnen die Alraunen,
4. Die des Berges Grund befahren
Ohne Eimer, ohne Leitern
Und in seinen wunderbaren
Schachten die Metalle läutern.
5. Wirr läßt sie hinunterhangen
Ihre Wurzeln ins Gewölbe;
Diamanten sieht sie prangen
Und des Goldes Glut, die gelbe.
6. Aber oben mit den dunkeln
Ästen sieht sie schönres Leben,
Sieht durch Laub die Sonne funkeln
Und belauscht des Geistes Weben,
7. Der in diesen stillen Bergen
Regiment und Ordnung hält
* Und mit seinen klugen Zlvergen
Alles leitet und bestellt,
8. Oft zur Zeit der Sonnenwenden
Nächtlich ihr vorübersaust.
Eine Wildschur *) um die Lenden,
Eine Kiefer in der Faust.
>) Wolfspelz.