Full text: Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte an den unteren und mittleren Klassen höherer Lehranstalten

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Sitten der alten Deutschen. Deutschland war großenteils mit Wald 
oder Sumpf bedeckt. In den Wäldern hauste zahlreiches Wild. Auerochs, Elentier 
und Bär. Die Deutschen waren von hohem Wuchs und kräftigem Körper, sie 
hatten blonde Haare und blaue Augen. Ihre Kleidung bestand aus Tiersellen 
und linnenen Gewändern, welche von den Weibern gewoben wurden; diese bebauten 
auch mit den Knechten den Acker. Sie standen in hoher Achtung; schrieb man 
doch Frauen einen besonderen Seherblick zu. Die freien Männer gingen auf 
die Jagd oder in den Krieg, sie schleuderten den Wurfspieß auf unglaubliche 
Entfernungen; zu Hanse liebten sie Würfelspiel und Trinkgelage. — Aus Metallen 
wurden Acker- und Hausgeräte, Waffen, auch Schmucksachen verfertigt. Die 
Deutscheu wohnten in einzelnen Gehöften und hatten aus Baumstämmen und 
Lehm zusammengefügte Blockhäuser. Mehrere Gehöfte bildeten eine Gemeinde, 
mehrere Gemeinden einen Gau, an dessen Spitze ein gewählter Gaugraf oder 
Fürst stand. Jeder Freie war Krieger und nahm teil an der Volksversamm¬ 
lung (Ding), welche unter dem Vorsitz des Gangrafen auf der Malstätte beriet 
uud Recht sprach. Für den Krieg wählte der Stamm einen Herzog, manche 
Stämme hatten auch Könige. Die Fürsten und Könige hatten ein Gefolge von 
tapferen Männern um sich. — Neben den Freien gab es Halbfreie und Hörige, welche 
von ihrem Land Abgaben bezahlen mußten, und Sklaven, meist Kriegsgefangene. 
Die Grundzüge des deutschen Charakters waren Treue, Sittenreinheit 
und Freiheitsliebe, ein Hauptfehler die Uneinigkeit 
Deutsche Götterlehre. Die Welt wird regiert von den Afen, welche 
in Asgard thronen, jeder in besonderer Wohnstätte. Sie sind selbst dem Ver- 
hängnis (Nornen) unterworfen und werden einst untergehen. Der höchste Gott 
ist der einäugige Wodan (Odin), der Allvater. Er läßt täglich zwei Raben 
über die Erde hinfliegen, welche ihm alles berichten, was sie gesehen haben, und 
lenkt die menschlichen Geschicke, besonders die Schlachten. Diejenigen, welche den 
Schlachtentod (Wal) erleiden, werden von den Walküren (Schlachtenjungfrauen) 
in feine Wohnung nach Walhalla geleitet, wo die Hefbett um ihn versammelt 
Kampfspiele feiern und beim Gelage an Eber und Met sich laben. Der Wodans; 
tag (Wednesday, Mittwoch) ist ihm geweiht. Wodans Gattin Frija spendet 
das häusliche Glück (Freitag), sein starker Sohn Donar (Thor), der Donnerer, 
welchem Eiche nnd Esche heilig sind, segnet die Saaten und weiht den Ehebund 
(Donnerstag). Der Kriegsgott ist Ziu (Dienstag. Zistag). —• Die Deutschen 
opferten ihren Göttern in der heiligen Stille des Waldes Tiere und selbst gefangene 
Feinde. Große Opferfeste vereinigten die Gaugeuofsen, z. B. das Julfest im Januar. 
Nachdem schon lange römische Kaufleute Gold- uud Silberschmuck und 
kostbare Kleider den Deutschen gebracht und dafür namentlich Bernstein, Pelzwerk 
nnd Wolle eingetauscht hatten, kamen die deutschen Stämme mehr und mehr in 
enge Berührung mit dem römischen Reich. Viele Deutsche traten in römische 
Kriegsdienste und lernten so die innere Schwäche Roms kennen. Als im 
Lauf des 3. Jahrhunderts sich größere Völkerbündnisse bildeten, begannen jene 
ununterbrochenen Vorstöße der deutschen Volksheere, welchen die römischen Söldner 
nicht auf die Dauer gewachsen waren.
	        
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