Full text: Lebensbilder aus Sage und Geschichte (Vorstufe)

34 
Selbstverwaltung nach englischem Muster unter einem königlichen 
Gouverneur. 
Die Kolonisation in den fremden Weltteilen hat den Nationen 
Europas und ihrer Kultur die Herrschaft über den größten Teil der 
Erde gegeben und damit der Weltgeschichte neue Bahnen gewiesen. 
VII. Der Staat im Wötkerverlrefir. 
55. Die Stellung des Staates im Völkerverkehr wird be- 
stimmt durch seine Souveränität, die eine Unterwerfung unter eine 
höhere Autorität ausschließt. Jeder Vertrag mit einem fremden 
Staate bringt also eine Beschränkung der Souveränität mit sich. Ist 
er unfreiwillig, so bindet er den dazu gezwungenen Staat innerlich 
nur so lange, als die Machtverhültnisse, die ihn veranlaßt, fortdauern. 
Aus der Souveränität folgt weiter, wenn dieSelbstbehauptung es verlangt, 
das Recht zum Kriege als der gewaltsamen Form der Politik (Völker¬ 
prozeß). Doch ist über das, was hier Vernunft und Gewissen fordert oder 
zuläßt, die Meinung der Zeiten sehr verschieden gewesen. Im Altertum 
fühlt sich der Staat nur als Macht und sieht in dem Nachbarn seinen 
Feind, den er zu unterwerfen oder zu vernichten strebt (hostis = Fremder 
und Feind). Daher ist die Regel nicht der Friede, sondern der Krieg 
selbst zwischen Staaten, desselben Volkes; die Griechen als Gesamtheit 
fühlten sich sogar grundsätzlich berufen zur Herrschaft über die Aus¬ 
länder (Barbaren; ßanßdoav EXXrjvag ccq/eiv elxög). Daraus folgt 
die harte, oft grausame Kriegführung (Abschlachtung oder Versklavung 
der Kriegsgefangenen, Zerstörung eroberter Städte u. dgl.). Daneben 
bilden sich immerhin gewisse formale Regeln für den Völkerverkehr 
aus (feierliche Kriegserklärung durch die römischen Fetialen; Un¬ 
verletzlichkeit der fremden Gesandten). Erst die Eroberung des Ostens 
durch Alexander den Großen verbindet große Völkerreiche friedlich 
durch die hellenische Kultur und stellt eine Art Gleichgewicht zwischen 
den Hauptstaaten des Ostens (Makedonien, Syrien, Ägypten) her. Die 
Bildung des römischen Reichs geht aus demselben einseitigen Macht¬ 
streben hervor, faßt aber schließlich die ganze Mittelmeerwelt zu einer 
großen Staats- ltnb Kultureinheit zusammen, sichert ihr den inneren 
Frieden und bereitet die Idee von der Einheit der Menschheit vor. 
50. Dieser verhilft das Christentum, das auf dem Boden der antiken 
Kultureinheit erwächst, vollends zum Durchbruch. So fühlt sich die christ¬ 
liche Welt als eine große Völkergemeinschaft und trotz fortdauernder 
innerer Gegensätze und Kämpfe doch solidarisch verbunden gegen Heiden- 
tum und Islam (die Kreuzzüge). Erst im 16. Jahrhundert kommt diese 
Solidarität ins Wanken (Bund Frankreichs mit der Türkei). Zugleich 
wächst der friedliche Verkehr der Staaten durch die stehenden Gesandt-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.