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Von den Steuern.
die bestehende Rechtsordnung, Verständnis für die Aufgaben der
Zeit. Alles das will erworben sein in redlichem Bemühn. Darum
weckt in euch den Trieb zur Fortbildung, zur Selbsterziehung, zur
Selbstbetätigung der Geisteskräfte.
Und noch eine zweite Gefahr hat die Verleihung der neuen
Rechte unserm Volke gebracht: durch den Landtag und durch den
Reichstag ist das Volk dazu erzogen worden, die Maßnahmen und
Anordnungen der Regierung zu beurteilen und zu meistern, und in
dem Eifer, der Regierung ihre Pflicht klarzumachen, haben gar
viele vergessen, daß sie auch Pflichten haben der Regierung und
dem Lande gegenüber. Statt sich selbst, sein Tun und sein Lassen
strenger Beurteilung zu unterwerfen, glaubt mancher, genug getan
zu haben, wenn er der Regierung etwas Besseres zu empfehlen weiß
Statt vor allem seine eigne Arbeit zu verrichten, statt sein Geschäft
zu fördern und dadurch dem Wohlstand des Landes zu dienen, ist
mancher befriedigt, wenn er der Regierung gute Ratschläge erteilen
kann. Darum, du deutsche Jugend, zunächst erfülle deine eigene
Pflicht, und dann erst siehe darauf, ob auch andere ihre Pflicht
erfüllen! Fördere den Wohlstand deines Landes durch eigene treue
und redliche Arbeit, nicht durch schönes Reden! Sorge für das Vor—
wärtskommen deines eignen Berufes und Haushaltes, dann erst gib
andern gute Ratschläge! Aber vor allem: Erst lerne etwas Tüchtiges,
werde ein Meister in deinem Fache, lerne Selbstzucht und Selbst—
beherrschung üben, dann nimm teil an der Beherrschung deines Volkes!
Gehe hin und tue deine Pflicht!
Köält
l*o.
4.
144. Von den Steuern.
Als ich heute mittag in meine Wohnung zurückkam, lag auf
dem Schreibtische ein roter Zettel. Das Papier sah ganz hübsch
aus, und es fiel mir sofort auf. Ich schaute es deshalb genauer
an und bemerkte nun, dab es der Steuerzettel war. Der verehrte
Herr Einnehmer, übrigens ein ganz netter Mann, teilte mir auf
demselben mit, wieviel ich an den verschiedenen Arten von
gteuern zu entrichten habe. Es war für meine Verhältnisse ein
ganz nettes Sümmchen, das der liebe Herr verlangte. Aber ich
konnte gegen die Hõhe des Betrages gar nichts einwenden; denn
dieselbe war ganz richtig berechneèt und entsprach durchaus dem
Einkommen, welches ich habe, und den Bestimmungen des Ge—
setzes. Der Hauptteil der Steuern, welche wir an der Hebestelle
zu entrichten haben, wird fast überall aus dem VDinkommen ab—
geleitet, und ein Gesetz regelt die ganze Angelegenheit. Der
Steuerpflichtige mub auf einem Formulare angeben, wieviel er
jãhrlich einnimmt. Line gröbere Anzahl von Bürgern prüft sodann
diess Angaben und stellt dié Höhe des steuerpflichtigen BVin-