Das goldene Vlies und die Argonauten.
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III. Das goldene Vlies und die Argonauten.
A. Phrixos. Zu Jolkos (jetzt Volo) in Thessalien regierte ein Königs¬
geschlecht, das vom Windgotte Aeolos abstammte. Ein König dieses Hauses,
Athamas, war vermählt mit Nephele, einer Wolkengöttin, und sie
hatten zwei Kinder: Phrixos und Helle. Später verstieß er die
Mutter, und sie lebte wieder als Göttin in den Wolken. Athamas aber
vermählte sich noch einmal, und die Kinder bekamen eine Stiefmutter,
Ino. Diese hatte sie nicht lieb, sie überredete sogar den Vater, sie
wollten die Kinder den Göttern opfern, um das Land von einer großen
Dürre und Hungersnot zu befreien. Schon wollte Athamas einwilligen,
da erbarmte sich bie rechte Mutter ihrer Kinder. Aus den Wolken herab
sandte sie einen golbwolligen
Widder. Der kam zu den Kindern,
und beide setzten sich auf seinen
Rücken. Alsbald stieg er wieder
empor und schritt nun durch die
Luft auf ben Wolken dahin,
während eine Stimme aus den
Wolken den Kindern zuflüsterte,
sich gut festzuhalten und nicht
hinabzusehen. So waren sie aus
der Hand der Stiefmutter ge¬
rettet, und weit ging die Reise
in die Welt hinaus. Als sie im
hellen Sonnenschein über die Stelle
flogen, wo Europa und Asien
sich am meisten nähern, da war
Helle begierig, etwas von der
Welt zu sehen. Sie vergaß den
Befehl und schaute hinab. Alsbald schwindelte ihr, sie stürzte ins Meer und er¬
trank. Die Stelle heißt seitdem Hellespönt (Meer ber Helle). Phri-
kos aber mußte allein weiterreiten. Endlich kam er im Osten des
Schwarzen Meeres nach dem Lande K o l ch i s. Dort senkte sich der Widder
herab, und König Aeetes nahm den wunderbaren Fremdling freundlich
auf. Der opferte nun auf Geheiß der Mutter bett Wibber bett Göttern.
Das kostbare golbene Vlies (Fell) aber zog er ihm ab unb hängte es an
einer Eiche aus. Dort ließ er es von einem nie schlafenden Drachen be¬
wachen, denn er wußte von der göttlichen Mutter, daß das Vlies Reichtum
und Glück dem Lande brächte, in betn es aufbewahrt würbe. Später heiratete
Phrixos des Königs älteste Tochter, bekam zwei Sohne und ward sehr beliebt
Pompejanisches Wandbild.