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men hoch empor; Himmel und Erde und Meer wurden
davon gerötet. Sie verkündeten den Menschen den
Tod des Gottes der Unschuld, der Gerechtigkeit und
den Verlust seiner Segnungen.
3. Unterdessen war Hermod neun Tage und neun
Nächte durch dunkele Thäler geritten, in denen weder
Sonne noch Mond ihr Licht verbreiteten; endlich kam
er zu der Wohnung Hels, die mit einem hohen Gitter
umschlossen war. Er gab dem Rosse die Sporen, und
das edle Tier setzte in weitem Sprunge über das Gitter,
ohne auch nur die Spitzen desselben zu berühren. Dann
stieg er ab und trat in die Halle, wo er seinen Bruder
und Nanna auf einem Ehrenplatze sitzen sah. Flehend
trat er vor die Göttin Hel und bat sie, dafs sie den
Gott wieder entlasse; denn grofses Klagen und Trauern
sei ob seines Todes unter allen Göttern1 und Göttinnen.
Da sprach Hel: „Nun mag sich erproben, ob Balder von
allen Wesen so geliebt wird, wie man sagt. Wenn alle
Dinge in der Welt, lebendige wie leblose, um Balder
weinen, so soll er wieder zu den Göttern zurückkehren;
wenn aber auch nur eins der Wesen nicht weint, so
soll er bei mir bleiben.“ Fröhlichen Mutes ritt Hermod
nach der Götterburg zurück und berichtete, was er
vernommen. Da sandten die Götter eiligst Boten nach
allen Richtungen und liefsen allen Wesen sagen, dafs
Balder aus Hels Wohnung zurückkehren werde, wenn
alle Wesen um ihn weinten. Und alle Wesen thaten
gern, um was sie gebeten wurden, und weinten, Men¬
schen und Tiere, Pflanzen, Erde, Steine und alle Erze.
Schon meinten die Boten, ihre Sache glücklich ausge¬
richtet zu haben; da sahen sie plötzlich ein Riesenweib
in einer Höhle sitzen, welches sich weigerte, um Balder