- 10 —
Hier wurden bie herrlichen Schauspiele großer athenischer Dichter
gegeben, von denen ber berühmteste S6phokles hieß. Jeder
Bürger konnte die Vorstellungen besuchen; das Eintrittsgeld,
13 Pfennige, gab ihm der Staat. Das gefiel den Leuten, denn sie
gingen gern ins Theater. Aber sie gewöhnten sich auch an Müßig-
gang und Wohlleben; das war für den Staat sehr verderblich. Wenn
jedoch einer arbeiten wollte, so konnte er sich viel Geld bei den großen
Bauten verdienen, die P6rikles auf der Burg von Athen errichten ließ.
Alle Kosten dieser Bauwerke trug bie Staatskasse, benn Athen
war sehr reich unb erhielt jährlich Abgaben von mehr als vierzig
griechischen Inseln.
2. Die Kunst unter Perikles. Boll Staunen sahen die Menschen
die herrlichen Werfe bet Bau- unb Bilbhauerkunst, bie auf der Burg
entstanden. Sie gehören zu den schönsten Werken aller Zeiten.
Eine breite Marmortreppe, die nach der Stadtseite lag, führte den
Besucher zu einer mächtigen, mit Säulen geschmückten Torhalle
hinauf. Ging man durch einen der fünf Durchgänge auf die Höhe des
Burgfelsens, fo sah man ein wundervolles, 18 m hohes Erzbild der
Stadtgöttin Athene. Es war ein Werk des großen Bildhauers
PHLbias, eines Freunbes bes Perikles. Die Göttin trug eine kriege¬
rische Rüstung. Ihr Helmbusch und die Spitze ihrer Lanze glänzten
weithin über das Meer und dienten als Wahrzeichen für die Schiffe,
die aus der Ferne nach Athen kamen.
Auch ein Tempel der Göttin war da oben erbaut. Nichts
Schöneres gab es in ganz Griechenland. Um den herrlichen Tempel-
bau lief eine weite Halle mit 58 schimmernden Marmorsäulen. Darin
stand der Thronsessel, auf dem der Perserkönig während der Schlacht
bei Salamis gesessen hatte. Der Giebel des Tempels war reich mit
herrlich bemalten Bildwerken verziert. In dem Tempel ragte ein
12 m hohes Stanbbilb ber Göttin empor, das ebenfalls von PHLdias
geschaffen worden war. Eigentlich sollte die Bildsäule aus Marmor
gemeißelt werden. So hatte Phidias es dem Volke vorgeschlagen.
Als er aber sagte, Marmor sei auch billiger, da rief die Menge: „Nein,
nein, jetzt mache sie aus Gold und Elfenbein!" So bildete der Meister
denn das Gesicht, die Arme und Hände aus Elfenbein, das Gewand
aber, das sich abnehmen ließ, aus reinem Golde. Das Haupt der
Göttin war behelmt; mit der einen Hanb trug sie eine kleine Sieges¬
göttin, bie anbete stützte sie auf ihren Schilb. Wer in ben Tempel
trat unb bas herrliche Bildwerk sah, wurde von Bewunderung er-
griffen. Solche und andere Kunstwerke machten Athen zur glänzend¬
sten Stadt von Griechenland.
Der Freund des P6rikles schuf auch ein hochberühmtes, gold¬
elfenbeinernes Bild des obersten Gottes Zeus für den Tempel