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mit seinem Hofgesinde um den Leichnam; das versammelte Volk
tanzte hungernd mit und schrie: „Ehre sei Gott in der Höhe ?"
4. Das Ende des Königtums. Obschon das Elend in der Stadt
immer größer wurde, wollten die Wiedertäufer doch von Übergabe
nichts wissen, ja, die Frauen halfen mit bei der Verteidigung; von den
Mauern herab warfen sie brennende Pechkränze und siedenden Kalk
auf die Belagerer hinab.
Aber in der stürmischen Johannisnacht des Jahres 1535 führte
ein Verräter eine Schar Kriegsknechte des Bischofs über Graben und
Wall unbemerkt in die Stadt. Die nächsten Schildwachen fielen;
schnell wurde das Tor erbrochen, und die Belagerer drangen ein.
Die meisten Wiedertäufer starben im Kampfe, die andern wurden
gefangen. Unter diesen war der K ö n i g , der sich zuletzt auf einem
Heuboden verkrochen hatte; ein Knabe verriet ihn. Auch seine beiden
obersten Räte fielen den Eroberern in die Hände.
Alle drei wurden nach sechsmonatiger Haft auf dem Markte
qualvoll hingerichtet; auch die Königin Divära endete durch die Hand
des Henkers. Die Körper des Königs und seiner beiden Genossen
wurden zum abschreckenden Beispiele in drei eisernen Käfigen hoch
am Turme der Stadtkirche aufgehängt. Dort hängen die Käfige
weithin sichtbar noch heute, und jeder Fremde, der nach Münster
kommt, schaut zu ihnen hinauf.
27. Wallenstein.
1. Der Dreißigjährige Krieg. Infolge der fortdauernden
Streitigkeiten zwischen den katholischen und den protestantischen
deutschen Fürsten brach etwa hundert Jahre nach dem Beginne
der Reformation ein greuelvoller Krieg in Deutschland aus. Dieser
Krieg dauerte dreißig Jahre (1618—1648) und verwüstete unser
Vaterland in der schrecklichsten Weise.
Er nahm seinen Anfang in Böhmen und verbreitete sich über
alle Länder des Reiches. Als tüchtigster Feldherr trat zuerst der
tapfere Baron Tilly auf, der auf feiten der katholischen Fürsten
stand. Er kämpfte siegreich in Böhmen nnd gegen den „tollen
Christian", Herzog von Braunschweig, der mit seinen wilden Scharen
besonders in Westfalen hauste und gegen Katholiken und Protestanten
wütete. Bereits schien es nach Tillys Siegen wieder Friede zu
werden, als auch der König von Dänemark dem deutschen Kaiser
Ferdinand den Krieg erklärte. Da geriet dieser in Bedrängnis,
beim es fehlte ihm an Truppen und Geld. Sein Retter in der
Not wurde jetzt ein Mann, an den er gar nicht gedacht hatte:
Wallen st ein.