Full text: Griechische und römische Geschichte (Teil 3)

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§ 5K. In der Volksversammlung. Wenn auf dem Markt 
eine Fahne aufgezogen wird, strömen die über zwanzig Jahre 
alten Bürger zur Volksversammlung hinaus auf einen Hügel vor 
der Stadt. Beim Betreten des Platzes empfängt jeder eine Marke, 
die er an der Staatskasse für einen Öbolus einlösen kann. Die 
Verhandlung wird mit Opfer und Gebet von dem leitenden Beamten 
eröffnet. Ein Herold verliest den Antrag des Rates, etwa über einen 
Bündnisvertrag, und das Volk soll entscheiden. „Wer wünscht das 
Wort?" ruft der Herold. Hat jemand etwas zu sagen, so besteigt er 
die steinerne Rednerbühne. Zum Zeichen, daß er unantastbar sei, 
während er spricht, setzt er sich einen bereitliegenden Myrtenkranz 
aufs Haar. Jeder Redner darf besondere Anträge stellen. 
Meldet sich keiner mehr zum Worte, so wird abgestimmt. Es 
geschieht meist, wie oft noch heute, durch Aufheben der rechten 
Hand. Der Herold verkündet das Ergebnis der Zählung, und ein 
öffentlicher Schreiber zeichnet den Volksbeschluß für den Rat auf. 
Sodann folgt ein neuer Gegenstand der Verhandlung. 
§ 57. Am Feste der Stadtgöttin Athene. Alle vier Jahre, 
im Juli, kehrt in Athen das glänzende Stadtfest zu Ehren der 
Göttin Athene wieder. Sechs Tage wird gefeiert. Allerlei Spiele, 
Wettkämpfe und Wagenrennen wechseln mit Aufführungen und 
Vorträgen aus dichterischen Werken. 
Den Höhepunkt der Feier bildet eine große Prozession. Die 
Frauen von Athen haben in monatelanger Arbeit ein Pracht- 
gewand für die Göttin hergestellt. In bunter Stickerei ist es reich 
mit Darstellungen aus der Göttersage geschmückt. Wie ein Segel 
hat man das Gewand an dem Mäste eines Schiffes befestigt, das 
sich auf Rädern fortbewegt. Ein festlicher Aufzug der Frauen 
geleitet das seltsame Schiff durch die Stadt. Die ganze Bürger- 
fchaft nimmt daran teil: die Greise mit Ölzweigen in den Händen, 
die Männer, von denen die Ritter zu Pferde sind, in Wehr und 
Waffen. Ihnen folgen die Festgesandtschaften der Bundesgenossen. 
Weiß gekleidete Jungfrauen, die von schirmtragenden Sklavinnen 
begleitet werden, führen die heiligen Opfergeräte. So bewegt sich 
der Zug feierlich zum Burgtempel der Göttin, dem Parthenon, 
hinauf, wo die Beamten des Staates ihn erwarten. Priester 
bringen dann das Gewand der Göttin dar. 
Ein Wettrudern im Hafen beschließt das glänzende Fest. 
Das Privatleben in Athen. 
§ 58. Das Haus. Bei der Milde des Klimas lebte man, 
wie überhaupt im Süden, viel draußen; Handwerker arbeiteten 
gern im Freien. An einer behaglichen Wohnung lag dem Griechen
	        
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