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strenge, und ihre Anschauung hielt am Alten und Überlieferten fest.
Besonders zäh war ihr Sinn für das Recht. Der Ackerbau erhielt die
Römer auch lange religiös; denn er lehrte sie die Abhängigkeit von
höherer Gewalt und besonders vom Segen des Himmels.
An den Überresten aus der Zeit der Römer erkennen wir noch,
wie stark ihr Sinn für das Nützliche war; denn sie bauten am liebsten
Mauern, Straßen, Brücken und Wasserleitungen, während die kunst-
sinnigen Griechen Prachttempel und Bildwerke schufen.
Erster Abschnitt.
Die Königszeit.
In diese sagenhafte Urzeit fällt die Begründung der staatlichen Verhältnisse.
§ 95, Die Gründungssage. Nach der Zerstörung von Troja
ließ sich der Held Än6as als Flüchtling in Latium nieder. Sein Sohn
Ask^nius gründete die Stadt Alba Longa. Dessen Nachkommen
herrschten hier als Könige. Einer von ihnen, Nümitor, wurde durch
seinen Bruder entthront. Die beiden Enkel Numitors, R 6 m u l u s
und R e m u s , ließ der Thronräuber am Tiber aussetzen. Aber sie
wurden von einer Wölfin ernährt; zum Andenken daran wird noch
heute ein solches Tier in Rom auf städtische Kosten unterhalten. Ein
Hirt fand die Kinder auf und erzog sie. Herangewachsen stürzten si£
den König und setzten ihren Großvater wieder ein. An der Stelle,
wo sie errettet worden waren, gründeten sie darauf die Stadt Rom.
Bei einem Streite über die Höhe der Stadtmauer schlug Römulus
seinen Bruder tot. So beginnt die Entwicklung Roms nach der
Sage mit einem Brudermorde.
§ 96. Die Königssage. Sieben Könige sollen über Rom ge-
herrscht haben. Ihr Gründer R6mulus war der erste. Er be-
völkerte die Stadt, indem er sie zu einer Zufluchtstätte für allerlei
Flüchtlinge und Heimatlose machte. Durch den „Raub der Sabine-
rinnen", die einst auf des Königs listige Einladung hin mit den Ihrigen
den Kampfspielen in Rom zuschauten, verschaffte er ihnen Frauen.
Nachdem er viele Kriegstaten verrichtet hatte, wurde er unter Donner
und Blitz, wie einst der Held Herkules, in den Himmel entrückt und
fortan als Gott verehrt. Sein Nachfolger, der friedliche N u m a ,
ordnete den Götterdienst der Römer. Tullus Hostilius
unterwarf Alba Longa. Der Krieg mit den Albanern wurde ent-
schieden durch den Kampf von drei römischen Brüdern gegen drei
Brüder aus Alba; zwei Römer fielen, aber der dritte, der noch
unverwundet war, trennte durch scheinbare Flucht die verwundeten