Full text: Griechische und römische Geschichte (Teil 3)

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Oktavian nannte sich selbst nur P r i n z e p s , d. h. Erster (des 
Senates), woraus das Wort Prinz entstanden ist. Der Senat verlieh 
ihm den Titel A u g u st u s , d.h. der Erhabene, und die Römer 
verewigten den Ehrennamen, den auch die deutschen Kaiser des 
Mittelalters führten, in dem Monatsnamen August. Seine Wohnung, 
die einfacher war als die der meisten vornehmen Familien, hatte 
der Herrscher auf dem Palatinischen Hügel; dort lebte er wie ein 
Bürger still und zurückgezogen. 
Ein Kreis von bedeutenden Schriftstellern zierte sein Zeitalter; 
der Geschichtschreiber Liv.ius beschrieb die Vergangenheit des 
römischen Volkes, V e r g.t l besang die Irrfahrten des Aen6as, 
Ov ! d brachte griechische Göttersagen in Verse, und der beschauliche 
H o r ä i dichtete Oden, d. h. festliche Lieder. 
Ordnung und Friede herrschten im weiten Reiche. Mit starker 
Hand schützte der Kaiser die Provinzen vor den Erpressungen der 
Beamten, wie nicht minder vor den Einfällen barbarischer Völker. 
Im Norden dehnten die Waffen seiner Stiefsöhne Drusus und 
Tiberius die Grenzen bis über den Rhein aus. Bereits schien Ger- 
q manien bis zur Elbe römisch zu sein, da vernichtete der junge 
Cheruskerheld Arminius im Teutoburger Walde die Legionen 
n.Chr. Varns, und der Rhein schied das römische Reich wieder 
von den freien Söhnen der germanischen Wälder. 
Zu N 6 l a in Kampanien nahte dem 76jährigen Kaiser der 
Tod, 14 n. Chr. „Nun klatschet Beifall", sagte der Sterbende zu 
seinen Freunden, „denn ich habe meine Rolle gut gespielt!" 
§ 141. Kaiser aus dem Hause des Augustus. Die Enkel des 
Augustus, die Söhne seiner Tochter Julia, waren in blühendem Alter 
vor ihm dahingestorben, und so folgte auf den alten Kaiser sein Stief- 
söhn Tiberius. Die Regierung dieses Fürsten war anfangs 
gerecht und milde, besonders gegen die Untertanen in den Provinzen. 
Aber allmählich nahm er ein düsteres, argwöhnisches Wesen an, das 
-ihn zu Härte und Grausamkeit verleitete. Seine letzten Lebensjahre 
brachte er auf der schönen, jetzt durch ihre „blaue Meergrotte" be- 
kannten Insel Eapri im Golf von Neapel zu. In Rom stieg während- 
dessen die Macht der Leibgarde, und die Willkür ihrer Führer erfüllte 
die Stadt mit Schrecken. Der greise Tiberius selbst endete auf einer 
Reise in dem Hafenorte Mis6num durch Meuchelmord. 
Die beiden folgenden Kaiser waren verächtliche Herrscher. Sie 
wurden aber an Schlechtigkeit übertroffen von Nero. Dieser kam 
schon mit 17 Jahren auf den Thron. Anfänglich regierte er gut; 
um so schlimmer war später sein Wüten. Die abgöttische Verehrung, 
die man den Kaisern überhaupt erwies, verwirrte ihm, wie so man- 
chem seiner Nachfolger, den Sinn und machte ihn aus einem Menschen
	        
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