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Bechlaren geleitet. Von dort ging der Zug weiter in das Hunnen-
land. An der Donau kam Etzel ihnen entgegen, umgeben von
zahlreichen Rittern seines Reiches. Nachdem er Kriemhilde als seine
Gemahlin begrüßt hatte, zogen sie nach Wien, wo die Hochzeit mit
vieler Pracht gefeiert wurde. Doch in der neuen Herrlichkeit wurden
Kriemhilden die Augen naß, denn sie dachte an ihren ersten Gemahl,
den edlen Siegfried. Aber sie mußte ihre Thränen verbergen.
Endlich gelangte sie auf die Etzelburg, wo sie ehrenvoll empfangen
wurde und seitdem an der Seite ihres Gemahls als die mächtigste
Königin der Welt herrschte.
Aber so hoher Ehren sie auch teilhaftig wurde, sie vergaß ihre
Heimat doch nimmer, und auch der Gedanke, sich an ihren Feinden
zu rächen, erstarb nicht in ihrem Herzen. Sie beschloß daher, die
Burgunder: nach ihrem Lande einladen zu lassen, hoffend, es werde
sich Gelegenheit finden, ihren Wunsch nach Rache an den Mördern
Siegfrieds zu befriedigen. Gern willigte der König, der nicht ahnte,
was für böse Gedanken Kriemhilde hegte, ein, die Burgunden an
seinen Hof zu laden, und sandte seine Spielleute, Werbel und
Schwemme!, zu diesem Zwecke nach Worms. Die Könige freuten sich
der guten Nachrichten von ihrer Schwester und waren geneigt, der
Ladung des Schwagers zu folgen; aber Hagen riet auch hier ent¬
schieden ab. Er erinnerte Günther an das Leid, welches Kriemhilde
erlitten; wollten sie der Ladung der Hunnen folgen, so könnten sie
leicht Leib und Leben dabei einbüßen. Jener aber meinte, die
Schwester habe längst vergessen, was sie erlitten, nur beschloß er
auf Hagens Rat, tausend auserwählte Ritter mitzunehmen. Jetzt
wollte auch der trotzige Hagen nicht zurückbleiben. Reich beschenkt
kehrten die Boten in ihr Land zurück und kündigten die Ankunft bet
Burgunden zur Sommerfonnenwenbe an. Kriemhilb freute sich;
daß auch Hagen mitkam, war ihr besonders lieb.
Wie die Wurgunden zu den Kunnen fuhren. Auch die alte
Königin Ute mahnte ihre Kinder, daheim zu bleiben, denn sie hätte
geträumt, daß alle Vögel im Lande tot wären, aber ihre Warnungen
waren vergeblich. Tausend Ritter mit einem Gefolge von 9000
Knechten rüsteten sich zur Fahrt nach dem Hunnenlande. Als attt
Morgen Flöten unb Posaunen zum Aufbruch riefen, nahmen die
Frauen von den scheidenden Männern unter Thränen Abschied.