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und fuhr nun diese und ihr Gefolge selbst hinüber. Auf der Donau
fiel ihm die Prophezeihung des Meerweibes ein, nach welcher nur
der Kaplan des Königs die Heimat wiedersehen sollte, und um zu
erforschen, ob diese die Wahrheit gesprochen, ergriff er den Geist¬
lichen plötzlich, schleuderte ihn über Bord in die Wellen der Donau
und stieß ihn, so oft er emportauchte, mit der Nuderstange hinunter.
Allein, obgleich der Kaplan nur ein wenig schwimmen konnte,
so half ihm doch Gott im Himmel, daß er glücklich das Ufer er¬
reichte. Da erkannte Hagen, daß die Meerfrau die Wahrheit ge¬
sprochen und dachte bei sich: „Wir alle verlieren Leben und Leib!"
Als er den Helden nun kund that, was ihm das Meerweib ver¬
kündigt, und weshalb er den Kaplan in das Wasser geworfen habe,
wurde mancher vor Schrecken bleich. — Unter den Burgunden be¬
fand sich ein besonders kühner Mann, der hieß Volker; er war nicht
nur ein starker Ritter, sondern auch ein Fiedelspieler, der machte den
Heerführer durch Baiern. Nun hatten aber die Könige in diesem
Lande, Gelfrat und Else, von dem Tode des Fergen gehört und
zogen mit großer Mannschaft herbei, um ihn zu rächen. Hagen und
sein Bruder Danklvart, welche die Nachhut führten, hörten, als eben
der Abend dunkelte, den Hufschlag der Pferde der Verfolgenden
hinter sich. Bald hatte König Gelfrat sie eingeholt und rief: „Jch
suche den, der mir meinen Fährmann erschlagen hat." Da sagte
Hagen: „Ich war es, der ihn erschlug. Er wollte mich nicht über¬
setzen, obgleich ich ihm Gold zum Lohne bot. Als er mich mit dem
Ruder schlug, wehrte ich mich mit dem Schwerte, und da ist er im
Kampfe erlegen." Da ritt ihn Gelfrat so heftig an, daß beide
Helden, welche den Stoß der Lanzen mit den Schilden auffingen,
von den Nossen stürzten. Aber hurtig sprangen sie empor und
stürmten mit den Schwertern auf einander ein. Wie kräftig auch
Hagen darauf losschlug, der Markgraf Gelfrat hieb ihm den Schild
herunter, daß das Feuer stob, und der grimme Necke wohl ein Kind
des Todes gewesen wäre, wenn nicht Dankwart dazugesprungen und
den Gegner erschlagen hätte. So erstritten sich die Burgunden den
Durchzug durch das Baiernland. Nachdem sie von dem Bischof
Pilgrin in Passau freundlich bewirtet worden waren, kamen sie
endlich zum Markgrafen Rüdiger nach Bechlaren, der sie ehrenvoll
aufnahm. Wie es Sitte war, küßte zum Willkommen Rüdigers