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Kuppel sieht man nur die dunkle Dachrundung und die Laterne über
den gewaltigen Vorderbau herüberragen.
Eine Glocke dröhnte lange und schwer und dumpf erschütternd zur
siebenten Stunde. Ich that einen Blick nach dem über dem Säulengange
aufragenden Vatikan, einen Blick nach den riesigen Statuen der Apostel
Petrus und Paulus, die an den beiden Seiten der Freitreppe stehen,
und stieg hinan zu den gewaltigen Säulen der Vorderseite, zur Pforte.
Die Vorhalle ist so groß, daß ein paar Dorfkirchen mit Turm und
Sakristei leicht darin Platz hätten; aber ich würdigte sie kaum eines
Blickes. Ich schritt durch das Portal, schob einen der schweren Leder⸗
vorhänge beiseite und stand nun in dem weiten Raume der Kirche.
Das war nicht die ernste Dämmerung eines gotischen Baues, das war
die lichte, freundliche Heiterkeit des romanischen Stils: alles, vom Fuß ·
boden bis zu den Höhen der Kuppel, prangend in reichster Gold-,
Marmor- und Mosaikverzierung, gar wunderherrlich zu schauen. Aber
die Größe der Kirche überraschte mich nicht. Ich mußte mir sagen: die
Kirche hat nicht mehr Pfeiler, Fenster, Altäre, Kapellen als andere Kirchen,
die ich bereits gesehen habe. Anders aber, als ich meinen Blick nieder—
gleiten ließ von den Höhen der Gesimse auf die Menschlein, die auf der
Bodenfläche umherglitten. Trotzdem belächle ich, was der Führer sagte,
das königliche Schloß zu Berlin und die Stephanskirche sam dem Turme
zu Wien hätten bequem nebeneinander in der Peterskirche und ihrer
Kuppel Platz.
Ich begann meinen Rundgang. Ich kam zu der uralten Bronze-
statue des heiligen Petrus, an deren rechtem Fuße die Gläubigen die
Zehen weggeküßt haben bis auf ein paar nichtige Stümpfchen. Ich kam
zu den Nischen, wo die katholischen Schatzkästen stehen, darin der echte
Kopf des heiligen Andreas, das Schweißtuch der heiligen Veronika, ein
Splitler des Kreuzes Christi und die Lanze, die Christo die Seiten-
wunde stach. Diese Reliquien werden an hohen Festtagen von den
hohen Bogenhallen herab dem Volke gezeigt; näher besehen dürfen sie
nur Priester. Ich kam zu der Säule, an die sich Jesus im Tempel
gelehnt haben soll. Die Peitsche sah ich nicht, mit der er die Krämer
hinausgetrieben hat. Ich kam zu der Kathedra, zum päpstlichen
Throne, den vier heilige Kirchenlehrer mit den Händen schaukeln. Ich
kam an herrliche Grabmäler der Päpste, an Statuen und Mosaikbilder,
die mein Herz lachen machten. Und ich kam endlich zum Hauptaltare
in der Mitte der Kirche, zu dem Allerheiligsten der katholischen Christen⸗
heit, zu der Grabstätte des Apostels Petrus. Zwei Marmortreppen