Full text: Leitfaden für die biographische Vorstufe des Geschichtsunterrichts

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eine Flotte und kämpfte nun auch auf dem Meere mit ihnen. 
Aber immer neue Scharen von Dänen kamen an das Land. Viele 
Angelsachsen unterwarfen sich ihnen; andere flüchteten über das 
Meer nach anderen Ländern, und nachdem Alfred sieben Jahre 
vergebens gegen die furchtbaren Feinde gekämpft hatte, mußte auch 
er selbst als gemeiner Bauer verkleidet flüchten. Mehrere Wochen 
lang verbarg er sich in der Hütte eines Hirten. Endlich fand er 
mit wenigen Gefährten Zuflucht in einer Gegend, die rings von 
Wald und Morast umgeben war. Da verschanzten sie sich, 
machten oft Ausfälle und griffen die Feinde an. Um zu sehen, 
wie es mit den Dänen stände, verkleidete sich Alfred als Harfner 
und ging in ihr Lager. Mehrere Tage verweilte er dort, und sie 
erkannten ihn nicht, sondern ergötzten sich an seinem Gesänge und 
entließen ihn reich beschenkt. Er aber hatte alles genau erspäht, 
griff sie an und schlug sie. Die im Lande bleiben wollten, mußten 
sich unterwerfen, seine Herrschaft anerkennen und das Christentum 
annehmen. Gegen spätere Angriffe schützte seine Flotte das Land. 
§ 74. Alfreds Regierung. — In 56 Schlachten hatte 
Alfred mit gefochten, und als er nun endlich die Unabhängigkeit 
seines Landes erkämpft hatte, war er eifrig bemüht, durch weise 
Einrichtungen das Wohl desselben zu fördern. Während der 
langen Kriege mit den Dänen waren Zucht und Ordnung sehr in 
Verfall geraten. Seine erste Sorge war deshalb, sie wieder her- 
zustellen. Immer zehn freie Hausväter bildeten fortan eine Zehende 
(Tithing), in der alle zusammen für jedes Unrecht, das bei ihnen 
vorfiel, verantwortlich Waren. Zehn Tithings bildeten eine Hundert- 
schast (Hundrede). Monatlich versammelte sich das Gericht der- 
selben, das über Streitigkeiten zwischen den Gliedern der einzelnen 
Zehenden entschied. Wichtigere Sachen gehörten vor das Gericht 
der ganzen Grafschaft, das zweimal im Jahre zusammenkam. 
Den Vorsitz bei demselben führte ein vom König ernannter Al- 
derman. Alfred selbst durchreiste öfter das Land, saß öffentlich 
zu Gericht und prüfte streng und unparteiisch die Klagen. In 
einem einzigen Jahre bestrafte er 44 ungerechte Richter mit dem 
Tode. Zweimal jährlich aber rief er einen Reichstag (Witena- 
gemot) zusammen, der über die schwierigsten Rechtssachen und 
über neue Gesetzesvorschläge zu entscheiden hatte. So groß war 
die Sicherheit im Lande, daß man goldene Armbänder aus der 
Straße konnte liegen lassen und sie am andern Tage wiederfand. 
Ebenso sorgte Alfred für die Bildung des Volkes. Aus 
allen Ländern zog er gelehrte Männer herbei; er legte niedere 
und höhere Schulen an, und wer zwei Hufen Landes besaß, mußte 
seine Kinder in die Volksschule schicken, damit sie wenigstens lesen 
und schreiben lernten. Viele nützliche Bücher ließ er in die eng- 
tische Sprache übersetzen; manche übersetzte er selbst, und er lernte 
dazu noch in seinem sechsunddreißigsten Jahre Lateinisch. Er sam- 
melte die alten Volkslieder und verfaßte selbst Schriften zur Bil- 
dung seines Volkes. Das hätte er freilich bei seinen vielen Re- 
W ernicke. Leitfadea. 4
	        
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