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gierungsgeschäften nicht gekonnt, wenn er nicht jeden Augenblick
sorgfältig benutzt hätte. Er teilte Tag und Nacht in drei gleiche
Abschnitte. Den einen bestimmte er für die Regierungsgeschäfte,
den zweiten dem Gebet und dm Wissenschaften; den dritten dem
Schlaf, dem Essen und der Erholung. Die Stelle der Uhr der-
traten ihm sechs Wachskerzen, von denen jede vier Stunden brannte.
Eben so sorgfältig wie seine Zeit teilte er seine Einkünfte ein.
Die Hälfte bestimmte er zu weltlichen Zwecken, und zwar in drei
Teilen, für den Unterhalt der Hofbeamten, für die Besoldung von
Künstlern und Handwerkern, und für die Anstellung ausgezeichneter
Fremden. Die andere Hälfte war für den Gottesdienst und die
Wissenschaften bestimmt, und zwar in vier Teilen, ewer für die
Armen, einer für die alten, einer für die neuen Klöster und einer
für die Schulen. So war Alfreds Regierung ein Segen für das
901 Land, und tief betrauerte ihn sein Volk, als er im Jahre 901 starb.
Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII.
§ 75. Deutschland seit dem Tode Karls des
Großen. — Karls des Großen Nachfolger waren ihm in keiner
Weife ähnlich. Sein Sohn Ludwig, den man den Frommen
genannt hat, weil er den Geistlichen die höchste Verehrung erwies,
war ein überaus schwacher Fürst. Er teilte das Reich unter seine
Söhne; nachher aber meinte jeder, es sei ihm nicht sein Recht
geworden. Darüber kam es zum Streit, und sie nahmen den
Vater sogar gefangen. Derselbe erhielt zwar die Freiheit wieder;
aber nach seinem Tode kam es unter den Brüdern zu einem förm-
843 lichen Kriege, und derselbe endete erst nach drei- Jahren (843) da¬
mit, daß sie zu Verdun in Frankreich einen Vertrag schlössen,
nach welchem das Reich in drei Teile geteilt wurde, in Italien
mit Lothringen, Deutschland und Frankreich. — Seitdem war nun
Deutschland ein selbständiges Reich, aber die Könige desselben
waren fast sämtlich schwache Herrscher, und noch dazu fielen die
Normannen wiederholt auch in Deutschland ein, und plünderten
und verwüsteten das Land. Endlich kam gar ein Kind von sechs
Jahren auf den Thron, Ludwig das Kind, und der war zwölf
Jahre lang Herrscher. Er war der letzte König aus dem Ge-
911 schlechte Karls des Großen in Deutschland, und als er 911 ftarb,
wählten die deutschen Herzoge sich selbst einen aus ihrer Mitte
zum Herrscher. Seitdem war Deutschland ein Wahlreich.
Jetzt kamen nun wieder kräftige Könige auf den Thron, und
das that auch sehr not; denn die Magyaren, ein wildes Volk,
das in Ungarn wohnte, fielen wiederholt in Deutschland ein und
verheerten das Land. Sie wurden aber vom König Heinrich I.
933bei Merseburg geschlagen (933). Dieser König war der erste
aus dem sächsischen Hause, welches über hundert Jahre in Deutsch-
land regierte. Er bildete anstelle des alten Heerbannes ein geordnetes
Ritterheer, aus welchem sich das Rittertum entwickelte. In den
sächsischen Marken befestigte er viele Orte und errichtete neue Burgen,