Full text: (Der biographische Unterricht) (Unterrichtsstufe 1)

— 70 — 
n. Frankreich. 
Die Lartholomäusnacht. 
§. 90. Religionszuftand in Frankreich ums Jahr 1512. Wie 
sich von Wittenberg aus die Reformation Uber ganz Nord- und Mitteldeutsch- 
land verbreitete, so fand die neue Lehre Calvins besonders Eingang in Frank- 
reich, und eben so wie Karl Y. die Protestanten behandelte, so und mit noch mehr 
Unduldsamkeit wurden die Protestanten oder Hugenotten von Frankreichs 
Königen behandelt. Man forschte ihnen überall nach, nahm sie gefangen und 
marterte sie zuweilen auf eine qualvolle Weise. Dessenungeachtet drang die reine 
Lehre selbst bis in die höchsten Stände durch, und so geschah es, dass sich mit 
der Zeit eine katholische und eine protestantische Religionspartei bildeten. An 
der Spitze der katholischen stand Katharina von Medicis, eine boshafte, 
ränkevolle und herrschsüchtige Frau. Sie war die Mutter des schwachen jungen 
Königs Karl IX. Zur Seite hatte sie die Herzöge von Guise, Karl und Franz, 
beide durch Talente und Herrschsucht ausgezeichnet. Mit den Hugenotten ver- 
banden sich besonders zwei bedeutende Männer, der eine ein Verwandter des 
Königs, Prinz Ludwig von Conds, welcher die Herrschsucht der beiden Guisen 
am Hose hintertreiben wollte; der andere, ein mäßiger, geistvoller und tapferer 
Mann, der Admiral Coligny. Als nun der schwache König Karl IX., durch 
seine Mutter veranlasst, den Hugenotten ihre gottesdienstlichen Versammlungen 
bei Leibesstrafe untersagte, und als man fortfuhr, sie aufzusuchen und umzubringen, 
stieg die Erbitterung aufs äußerste. Beide Parteien warben Truppen, 
und so brach ein Kampf aus, der acht Jahre lang dauerte. Die Grausamkeiten, 
welche in demselben verübt wurden, überstiegen alles Glaubliche. Das Steinigen, 
Blenden, Aushängen, Verbrennen waren noch geringe Qualen. Auch wurde Franz 
von Guise meuchlerisch ermordet, und der Prinz Condö fiel. An die Spitze der 
Reformierten trat dann der junge Heinrich, Prinz von Navarra, ein Neffe Condss. 
Als die Kräfte allseitig erschöpft waren, kam ein Friede zu stände, in welchem die 
Reformierten freie Religionsübung erhielten. 
§.91. Der 24. August 1572. Dies war alles noch vor dem Jahre 
1572 vorgefallen. Katharina von Medicis erheuchelte seitdem die freundschaft- 
lichsten Gesinnungen für die Protestanten und suchte sogar eine Vermählung des 
jungen Heinrich von Navarra mit ihrer Tochter Margarete zu stände zu bringen. 
Auch den Abmimt Coligny berief man nach' Paris? der König umarmte ihn, gab 
ihm eine bedeutende Stelle im Staatsrate und machte ihm kostbare Geschenke. 
Es starb jedoch ganz plötzlich in Paris Johanna, die Mutter Heinrichs von Na- 
varra. Man vermutete, sie sei von Katharina durch ein Paar Handschuhe ver- 
giftet worden. Ebenso wurde der Admiral eines Tages von einer Kugel getroffen, 
die ihm den Zeigefinger wegriss. Durch sehr strenge Untersuchungen, welche 
angestellt wurden, hielt man den Verdacht zurück, dass der Mörder von dem 
Könige gedungen sei. Unterdessen drang die Mutter des Königs fortwährend in 
den Sohn, sich des lästigen und gefährlichen Admirals zu entledigen; ja, man 
wusste dem Könige sogar von geheimen Plänen der Hugenotten so viel vorzu- 
spiegeln, dass er endlich nicht bloß den Tod des Admirals, sondern auch den aller 
Hugenotten verlangte. Augenblicklich ergriff man Maßregeln zu einer verruchten 
That. Es sollten in der Nacht vom 23. zum 24. August (dem Bartholomäus¬ 
tage) alle Häupter der Hugenotten in Paris ermordet werden. Heinrich, der junge 
Herzog von Guise, ein Sohn des oben Erwähnten, wurde beauftragt, für Colignys
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.