Full text: (Der biographische Unterricht) (Unterrichtsstufe 1)

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in Thüringen, bei Eylau und Friedland in der Provinz Preußen bis der 
Friede zu Tilsit dem Kampfe ein Ende machte (1807). Auch den Kaiser 
von Osterreich besiegte Napoleon noch einmal in zwei großen Schlachten (1809). 
Der gewaltigste Kriegszug aber, den er unternommen hat, war gegen Russland 
gerichtet tm Jahre 1812. Er mochte sich lange mit dem Gedanken beschäftigt 
haben, Herr über ganz Europa zu werden. Denn in Holland, Spanien, Italien 
und Deutschland hatte er bereits seine Brüder, seinen Schwager und seinen Sties- 
söhn als Könige eingesetzt, die nach seinem Willen regierten; mehrere Fürsten 
Deutschlands hielten es für ein Glück, ihm zu dienen. Und so kam es denn 
dass alle Fürsten und Völker zu dem großen Zuge nach Russland beisteuern mufften« 
Das Kriegsheer betrug über eine halbe Million streitbarer Männer; er nannte es 
„die große Armee". _ Diese setzte sich im Juni in Bewegung. Die Russen aber 
erdachten sich eine eigne Art der Kriegführung: sie suchten, wo es irgend anging 
eme offene Feldschlacht zu vermeiden, die Lebensmittel zu vernichten und den Krieg 
so in die Länge zu ziehen, dass die Armee in der Hauptstadt Moskau nicht vor 
dem Winter eintraf. Bei Smolensk und an der Moskwa mufften sich die 
Russen freilich zu blutigem Kampfe bequemen. Vor der Mitte des September 
aber erreichte Napoleon Moskau nicht. Und wie sah die Stadt aus, als die ver- 
hungerten Soldaten einzogen! Alle Kostbarkeiten waren fortgeschafft, die Häuser 
verrammelt, das Volk davongegangen und nur Gefangene zurückgeblieben, die 
man unter der Bedingung freigelassen hatte, dass sie nach dem Einzüge Napoleons 
die Stadt in Brand steckten. Schon in der ersten Nacht brach das Feuer aus 
und wälzte sich, von einem großen Sturm über Straßen und Häuser getrieben, 
bts nach dem Kreml, dem Residenzschlosse von Moskau, wo Napoleon wohnte. 
Dieser gedachte, den russischen Kaiser Alexander zum Frieden zu bewegen, 
wurde aber von ihm vier Wochen lang hingehalten und muffte, als inzwischen 
immer strengere Kälte eintrat, sich zum Rückzug entschließen. Welch ein Rückzug! 
Tausende und aber Tausende starben vor Hunger und Kälte und sanken in den 
Schnee, viele verloren den Verstand, viele erschossen sich selbst. Und dabei waren 
die verfolgenden Russen immer im Rücken der Franzosen. An der Beresina 
kam es dann noch einmal zu einer Schlacht, und als die Franzosen Russland 
hinter sich hatten, war das gewaltige Kriegsheer auf 58,000 Mann zusammen¬ 
geschmolzen. Napoleon floh in einem Schlitten, so schnell er konnte, nach Paris. 
§• 97. Erhebung der Völker und Ende Napoleons. Die- 
lenigen deutschen Heerführer und Offiziere,^ welche den Zug nach Russland mit- 
gemacht hatten, sahen wohl ein, dass jetzt die Zeit gekommen war, das französische 
Joch abzuschütteln. Unter ihnen befand sich der preußische General Aork. Er 
schloss mit den Russen, als er nicht mehr fern von der preußischen Grenze war, 
^lnen Vertrag des Inhalts, dass man sich gegenseitig schonen würde, bis der 
König von Preußen Befehl gegeben habe, was der preußische Teil der zertrüm- 
Merten großen Armee fortan thun solle. Dieser Besehl aber gelangte durch einen 
Zufall nicht an York, und da inzwischen Napoleon in Frankreich neue Rüstungen 
vornahm und im Sinn hatte, den König von Preußen vollständig zu vernichten, 
begab sich dieser nach Breslau, wo er einen Aufruf an sein Volk erließ 
(17. März 1813), sich freiwillig zu bewaffnen. Da war es denn wohl gut 
und Gottes Fügung, dass Aork durch jenen Vertrag seinem Könige und Herrn 
ein geübtes und geprüftes Heer erhalten hatte. Zugleich schloss Friedrich 
Wilhelm III. mit Kaiser Alexander einen Bund, in dem sie sich in Kampf 
und Not beizustehen gelobten. Nach langem Zögern verstand sich sogar Österreichs 
Kaiser Franz dazu, in den Bund einzutreten, was wir ihm um so höher
	        
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