Full text: Sagen und Geschichtsbilder aus Ost- und Westpreußen

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Sagen und Geschichtsbilder aus Ost- und Westpreußen. 
Burg schon lange wieder Preußisch geworden war, erkannte man ihre alte 
Schönheit und begann, sie wieder in ihrer Pracht herzustellen. Noch heute 
wird daran gearbeitet. Unser Kaiser Wilhelm II. interessiert sich besonders 
für das schöne Schloß und besucht es alljährlich. Aber auch Reisende aus 
aller Herren Ländern kommen nach Marienburg, um die altehrwürdige Burg 
zu besehen. 
7. Winrich von Kniprode. 
Würrich von Knipro de war der mächtigste von allen Hochmeistern. Er 
regierte von 1351 bis 1382. Auch das links von der Nogat gelegene Land 
mit der reichen Stadt Danzig und das ehemalige Pommerellen gehörten nun 
dem Orden. Bis an die Alle war alles Land gut angebaut. Östlich davon 
erstreckte sich die Wildnis bis an die litauische Grenze. Nur einzelne Burgen 
waren als Wachthäuser gegen die Litauer in sie hineingebant, sonst war die 
Wildnis Heide und Wald, im Süden von den masurischen Seen unter- 
brochen. Nur Jäger, Fischer und Bienenzüchter wohnten dort und brachten 
dem Orden die Erträge ihrer Arbeit: Wild, Fische, Honig und Wachs. 
Die Wildnis sollte vor den Litauern schützen. Jährlich brachen diese in Preußen 
ein, brandschatzten und verwüsteten das Land, töteten Männer und schleppten 
Weiber und Kinder in die Gefangenschaft, wenn sie nicht schon an der Grenze von 
den wachsamen Rittern zurückgeschlagen wurden. Ragnit war die äußerste Burg 
im Osten. Mancher heiße Kamps ist da ansgefochten worden. Gerade nun 
herrschten über Litauen zwei starke Fürsten, die Brüder Kinstutte und Ol- 
gerd. Der letztere hatte mehr mit den Russen und den wilden Tataren 
zu kämpfen, Kinstutte dagegen war des Ordens heftigster Feind. Es war 
Winrichs heißer Wunsch, seinem Lande den Frieden zu geben, und er hat 
das Ziel fast völlig erreicht. 
Zu Winrichs Zeit war Feldherr des Ordens, Ordensmarschall genannt, 
Hennig Schindekopf, der Komtur der Burg Labiau. Hennig zerstörte in den 
ersten Jahren die festen Litauerburgen an der Memel. Zehn Jahre später. 
1361, besiegte er die Litauer im Süden der Wildnis bei dem heutigen Eckerts- 
berg am Spirdingsee. Dabei wurde Kinstutte, der Litauersürst, gefangen ge- 
nommen und nach der Marienburg geführt. Acht Jahre lang wurde er dort 
in Gewahrsam gehalten. Ritterlich wurde er behandelt, selbst seinen eignen 
Diener ließ man ihm. Aber Kinstntte mißbrauchte das Vertrauen, das Win- 
rich von Kniprode ihm schenkte. Er entfloh mit Hilfe seines Dieners in der 
Kleidung eines Ordensritters. Von Litauen aus soll er dem Hochmeister 
einen höhnischen Brief geschrieben haben, er danke ihm für die freundliche 
Bewirtung, aber wenn er einmal die Ehre hätte, ihn in seinem Lande zu 
begrüßen, so würde er ihn besser zu bewahren wissen. 
Als Hennig Schindekopf bald danach in Litauen weilte, um etwaige 
Vorbereitungen der Litauer zu erfpäheu, rief ihm Kinstutte spöttisch zu: 
„Sage deinem Herrn, ich würde bald wieder als des Ordens Gast Preußen 
besuchen." Ruhig erwiderte Hennig Schindekopf: „Wir werden dich empfangen, 
wie es dir gebührt."
	        
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