9. Die reichen Bauern von Lichtenau.
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Lande; auch fröhliche Feste, wie man fie am Rhein in seiner Heimat feierte,
soll er nach Preußen verpflanzt haben.
Noch heute nennen die Schützen Preußens Winrich von Kniprode den
Stifter der Schützengilde. Er foll das Köuigsschießeu eingeführt haben.
Pfingsten ziehen die Bürger der Städte hinaus auf die Schützenwiese. Hier
wird nach einem Ziele geschossen, und wer den Meisterschuß tut, ist Schützen¬
könig und hat das Jahr über den Ehrenplatz neben dem Bürgermeister.
Musik und Tanz schmücken das Fest wie vor 500 Jahren.
Das ganze Land trauerte, als Winrich von Kniprode 1382 hochbetagt
starb; seine Nachfolger regierten wie er voll Weisheit und Güte.
9. Die reichen Bauern von Lichtenau.
a) Der Kochmeister in Lichtenau.
Am reichsten von allen Gegenden Preußens war der Werder, das Land
zwischen Weichsel und Nogat. Einst war es ganz sumpfig und unfruchtbar
gewesen, aber die Hochmeister hatten hohe Dämme anlegen und alles Wasser
in den Strom leiten lassen, der nun das Land nicht mehr überschwemmen
konnte. Nun wogten auf dem einst kahlen Gebiete goldene Weizenfelder und
üppige Wiesen, wo schweres Vieh weidete. Dem Werderbauer füllten sich
Scheune und Stall, und Gold lag in seinem Säckel.
Winrich von Kniprode hatte viel von dem Reichtum eines Bauern in
Lichtenau, einem Dorfe im Werder, gehört. Er beschloß, ihn selbst zu be-
suchen, um zu prüfen, ob es wahr wäre, was die Leute von ihm erzählten.
Mit den Ordensbrüdern ritt er hinüber nach dem Dorfe. Der Bauer er-
staunte, als er die hohen Gäste anrücken sah, und führte fie überall umher
in Hof und Scheunen. Dann lud er fie zu einem Imbiß ein in der kühlen
Stube seines niedrigen Hauses. Ein prächtiges Mahl wartete schon auf die
Gäste, und edler Wein wurde dazu gereicht. Alles war reich, wie die Leute
gerühmt hatten; nur seltsam, statt der Stühle standen 12 Tonnen um den
Tisch, die mit Brettern belegt waren.
Darüber wunderten sich die Ritter, und Herr Winrich fragte den Bauer,
ob er keine besseren Sitze hätte. Da lachte der Bauer und forderte den
Hochmeister auf, die Bretter von den Tonnen zu heben, und siehe, eitel Gold
glänzte den Rittern aus ihnen entgegen; elf waren bis zum Rande, eine zur
Hälfte damit angefüllt. Der Hochmeister mußte gestehen, daß er nie auf
kostbarerem Sessel geruht habe. Er wollte sich von dem Bauer nicht be-
schämen lassen. Zum Dank für das Mahl befahl er dem Schatzmeister des
Ordens, auch die zwölfte der Tonnen mit Gold zu füllen.
b) Der Buttermilchturm.
Allmählich wurden die Bauern von Lichtenau immer übermütiger in
ihrem Reichtum. Sie saßen den ganzen Tag im Kruge und tranken oder
sannen auf boshafte Streiche, die sie anderen spielen konnten. Selbst ihren
guten Pfarrer verhöhnten sie und trieben mit heiligen Dingen Spott.