Full text: Lebensbilder und Sagen aus der Provinz Brandenburg

2. Albrecht der Bär. 
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teuer; auch gab es am Rheiu sehr oft Überschwemmungen, wobei biete 
ihr Hab und Gut verloren hatten. Diese Verarmten wollten sich nun 
in Brandenburg eine neue Heimat suchen. Es waren tüchtige und ordent¬ 
liche Leute, die gut arbeiten konnten. Viele von ihnen machten das 
sumpfige Havelland urbar, indem sie kleine Gräben anlegten. Darin 
sammelte sich das Wasser aus den Sümpfen, und das übrige Land wurde 
trocken. An den Flußufern schütteten sie große Wälle auf, so daß der 
Fluß, wenn er im Frühjahr und im Herbst viel Wasser hatte, das Land 
nicht überschwemmen konnte. Sie brachten auch feinere Obstsorten und 
die Weinrebe mit ins Land und pflanzten sie an. 
Aus der Ziegelerde formten und brannten sie Backsteine und bauten 
daraus ihre Häufer. Die sahen viel ordentlicher und hübscher aus als 
die Lehmhütten und Feldsteinhäuser der Wenden. 
Von manchen Einwanderern wurden ganze Dörfer gegründet. Da 
kam zum Beispiel einer zum Markgrafen und sagte: „Ich will dafür 
sorgen, daß ein großes Stück Land urbar gemacht wird, wenn du 
mir dafür mein Stück Land frei von Steuern lassen willst." Der 
Markgraf war damit einverstanden, und der Ansiedler bekam ein sehr 
großes Stück Land. Davon nahm er einen Teil für sich, auf einem 
Stück Land ließ er eine Kirche bauen, und das übrige Land ver¬ 
teilte er an andere Leute. Die bauten sich da Häuser, und wenn sie ihr 
Stück Feld urbar gemacht hatten, so zahlten sie Steuern oder Zins an den 
Mann, der das Feld verteilt hatte. Der durfte den Zins aber nicht be¬ 
halten, sondern mußte ihn an den Markgrafen abliefern. Er selber brauchte 
keinen Zins zu zahlen; sein Gut gehörte ihm als Sehen, und nach seinem 
Tode erbten es seine Kinder; es war also ein erbliches Lehen. Er mußte aber 
dem Markgrafen Kriegsdienste leisten und als Reiter in den Kampf ziehen. 
Im Dorfe war er der Erste und daher auch der Richter. Man nannte 
ihn Erbfchulze, Lehnfchnlze oder Schultheiß. Etliche von den Bauern 
mußten aber dabeisitzen und hatten mitzureden, wenn er richtete. Die nannte 
man die Beisitzer oder Schöffen, und das Gericht war das Schöffengericht. 
Dreimal im Jahre kamen die Schulzen mehrerer Dörfer, die dicht 
beieinanderlagen, zusammen und berieten miteinander. Das war dann 
das Landgericht. Zu dem Landgericht kam auch der Vogt des Mark¬ 
grafen, der über den Schulzen stand. 
Ganz ähnlich wie die Dörfer gegründet worden waren, wurden von 
den Einwanderern auch Städte gegründet. Der Mann, der es unter¬ 
nommen hatte, die Stadt zu gründen, brauchte keine Abgaben zu zahlen 
und wurde Stadtfchulze. Das Rathaus mußte er selber bauen lassen, 
und den Schutzwall und den Graben mußte er auch anlegen lassen. —
	        
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