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Wilhelm I., König v. Pr. u. deutscher Kaiser.
Größe des Unglücks ermessen/ aber er sah doch an dem ernsten
Antlitz des Baters lind an den Thränen der Mutter, daß großes
Unglück sie getroffen hatte. Er konnte doch schon den Sinn der
traurigen Worte ahnen, welche seine Mutter in dem Unglücke
zu ihm und seinem altern Bruder sprach: „Ihr seht mich in
Thränen/ ich beweine den Untergang meines Hauses und den
Verlust des Ruhmes, mit dem eure Ahnen und ihre Generale
den Namen der Hohenzollern gekrönt haben."
Der größte Verlust tras ihn, als er im Alter von 13 Jahren
seine liebevoll besorgte Mutter verlor. Der Schmerz über das
Unglück des Vaterlandes hatte ihre Gesundheit gebrochen. So
mußte der Prinz schon früh großes Leid ertragen, und dies
mußte einen tiefen Eindruck aus sein Gemüt machen. Die
Königin selbst schrieb einmal in den Tagen des Unglücks an
ihren Vater: „Für unsere Kinder mag es gut sein, daß sie die
ernste Seite des Lebens schon in ihrer Jugend kennen lernen.
Wären sie im Schöße des Überflusses groß geworden, so würden
sie meinen, das müsse so sein."
Doch in die Jugend des Prinzen fällt auch die glorreiche
Befreiung unseres Vaterlandes von dem französischen Joche.
König Friedrich Wilhelm und seine Verbündeten besiegten den
französischen Kaiser bei Leipzig in einer großen Schlacht und
griffen denselben sogar in seinem eigenen Lande an. Jetzt durfte
Prinz Wilhelm zu seiner größten Freude seinen Vater begleiten.
Seitdem blieb er an dessen Seite bis zum siegreichen Einzug der
Verbündeten in die französische Hauptstadt. Obwohl erst 17 Jahre
alt, bewies er in dem Feldzuge schon die größte Unerschrocken-
heit. In einer Schlacht erwarb er sich sogar das Eiserne
Kreuz und den russischen Georgs-Orden, indem er im
heftigsten Kugelregen kaltblütig einen Auftrag seines Vaters
ausführte.
3. Der Prinz von Preußen. Nach der glücklichen Beendigung
des Krieges widmete sich der Prinz vorzüglich dem Heeresdienste,
sür welchen er 'eine große Vorliebe und Begabung hatte. Er
selbst nannte sich gern des Königs ersten Soldaten.
Als er 32 Jahre alt war, vermählte er sich mit der Prinzessin
Augnsta von Sachsen-Weimar. Dieselbe schenkte ihm