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Mari a.
Der Königin von England
Bringt meinen schwesterlichen Gruß — Sagt ihr.
Daß ich ihr meinen Tod von ganzem Herzen
Vergebe, meine Heftigkeit von gestern
Ihr reuevoll abbitte — Gott erhalte sie
Und schenk' ihr eine glückliche Regierung!
Burleigh.
Sprecht! Habt Ihr noch nicht bessern Rath erwählt?
Verschmäht Ihr noch den Beistand des Dechanten?
Maria.
Ich bin mit meinem Gott versöhnt — Sir Paulet!
Ich hab' Euch schuldlos vieles Weh bereitet,
Des Alters Stütze Euch geraubt — O, laßt
Mich hoffen, daß Ihr meiner nicht mit Haß
Gedenkt —
Paulet (gibt ihr die Hand).
Gott sei mit Euch! Geht hin im Frieden!
Neunter Austritt.
Die Vorigen. Hanna Kennedy und die andern Frauen der Königin dringen herein mit
Zeichen des Entsetzens; ihnen folgt der Sheriff, einen weißen Stab in der Hand, hinter dem¬
selben sieht man durch die offen bleibende Thüre gewaffnete Männer.
Maria.
Was ist dir, Hanna? Ja, ja nun ist es Zeit!
Hier kommt der Sheriff, uns zum Tod zu führen.
Es muß geschieden sein! Lebt wol! Lebt wol!
(Ihre Frauen hängen sich an sie mit heftigem Schmerz; zu Melvil.)
Ihr, werther Sir, und meine treue Hanna
Sollt mich auf diesem letzten Gang begleiten.
Mylord, versagt mir diese Wolthat nicht!
Burleigh.
Ich habe dazu keine Vollmacht.
Maria.
Wie?
Die kleine Bitte könntet Ihr mir weigern? »
Habt Achtung gegen mein Geschlecht! Wer soll
Den letzten Dienst mir leisten! Nimmermehr
Kann es der Wille meiner Schwester sein,
Daß mein Geschlecht in mir beleidigt werde,
Der Männer rohe Hände mich berühren!
Burleigh.
Es darf kein Weib die Stufen des Gerüstes
Mit Euch besteigen — Ihr Geschrei und Jammern —
Maria.
Sie soll nicht jammern! Ich verbürge mich
Für die gefaßte Seele meiner Hanna!
Seid gütig, Lord. O, trennt mich nicht im Sterben
Von meiner treuen Pflegerin und Amme!