11. Rudolf von Habsburg,
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Leben fürchten mußte. Sie entschloß sich zu fliehen und, wenn auch schweren
Herzens, ihre beiden Söhne zu verlassen. Im Übermaß des Abschiedsschmerzes
soll sie ihren Sohn Friedrich in die Wange gebissen haben. Sie sah ihre
Kinder nicht wieder. In Dürftigkeit und von den Ihrigen vergessen starb
sie in Frankfurt a. M., wohin sie sich geflüchtet hatte.
11. Rudolf von Habsburg (1273—91).
1. Mit dem Tode Konrads IT., des letzten regierenden Fürsten aus
dem Hause der Staufer, geriet Deutschland in eine arge Zeit der Ver-
wirrung. Man wählte zu Herrschern fremde Fürsten, die nur nach dem
Glänze der Krone trachteten, ohne die Bürde der Regierung tragen zu
wollen. Da tat denn jeder, was ihm beliebte; die Starken und Mächtigen
befehdeten die Schwachen und Friedlichen; es herrschte das Faustrecht,
weil kein Richter da war, Freveltaten zu bestrafen.
Es wütete blind der eiserne Speer,
Es fürchtet der Schwache, der Friedliche sehr
Des Mächtigen Beute zu werden.
Dieser Zustand (Zwischenreich oder Interregnum genannt) dauerte
beinahe zwanzig Jahre. Schwer litten darunter besonders die Schwachen,
die nicht Gewalt mit Gewalt vergelten konnten.
2. Da rief der Erzbischof von Mainz die zur Wahl berechtigten
Fürsten zusammen und schlug ihnen vor, den Grafen Rudolf von Habs-
bürg zum Könige zu küren (wählen). Es war ein kluger Vorschlag.
Hätte er einem mächtigen Herzoge die Krone verschaffen wollen, so würden
sich die andern Großen gesträubt haben zuzustimmen, aus Furcht, daß
der neue König mit starker Hand ihnen die Vorrechte bestreiten würde,
die sie sich allgemach angeeignet hatten. Das schien bei dem schlichten
Grafen von Habsburg, der nur verhältnismäßig kleine Besitzungen um
seine Stammburg in der Schweiz hatte, ausgeschlossen.
Aber wenn er auch durch seine Hausmacht den großen Fürsten nicht
gefährlich werden konnte, so bürgte doch seine Tapferkeit und Gottesfurcht
dafür, daß er dem Unrecht und den Gewalttaten steuern und der Ge-
rechtigkeit wieder zu Ansehen verhelfen werde. Diese Eigenschaften kannte
der Erzbischof aus eigener Erfahrung.
Er hatte einst nach Rom zum Papste ziehen müssen und gefürchtet,
er werde auf dem Wege über die Alpen ausgeplündert werden. Da hatte
ihn Graf Rudolf, der am Fuße des Gebirges (bei Zürich) die Habsburg
besaß, mit großer Umsicht ungefährdet hinübergeleitet und ebenso tapfer
auf dem Rückwege geschirmt.