fullscreen: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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2. Die Zuneigung seines Zöglings vermochte sich Hanno nicht zu er- 
werben; er war ein strenger, finsterer Mann, der durch Härte den liebe- 
bedürftigen Knaben zurückstieß, so gut er es auch meinte, wenn er den Ver- 
wöhnten in männliche Zucht nahm und zu einem tüchtigen Herrscher heran- 
bilden wollte. Bald wurde ihm von den übrigen Fürsten, die auf seine 
Macht eifersüchtig waren, der Erzbischos Adalbert von Bremen an die 
Seite gestellt; — ein ganz anderer Mann, an den sich Heinrich mit jugend- 
licher Begeisterung anschloß. 
Stammte Hanno aus niedrigem Stande, so war Adalbert aus vor- 
nehmer Familie; jener vermochte in seinem Auftreten das bäuerische Wesen 
nicht abzustreifen, war rücksichtslos derb auch gegen den Königssohn, während 
dieser als gewandter Höfling ihm schmeichelte, seinen Launen und Leiden- 
schasten nachgab, selbstsüchtig nur darauf bedacht, ihn um jeden Preis sich 
zu eigen zu machen. Deshalb wurde der wachsende Einfluß Adalberts 
immer verderblicher sür den jungen König, der sich daran gewöhnte, nach 
Willkür zu handeln und Günstlingen das Ohr zu leihen. 
3. Adalbert setzte es durch, daß Heinrich schon mit 15 Jahren für 
mündig erklärt wurde, konnte er doch nun, ungestört von dem zurückgesetzten 
Hanno, regieren wie er wollte. Aber nicht lange: denn die deutschen Fürsten 
erkannten, wie schlimm der Erzbischos von Bremen auf seinen Zögling ein- 
wirke, und nötigten Heinrich, diesen Ratgeber zu entfernen. Doch es war 
schon zu spät; die ausgestreute Saat ging auf und trug böse Frucht. 
4. Adalbert haßte die Sachsen und hatte diesen Haß auch Heinrich 
eingeflößt, der ohnehin als Franke dazu geneigt war. Infolgedessen be- 
handelte der junge König diesen Volksstamm so auffallend herrisch, daß ein 
Aufruhr entstand, die Sachsen ihren Zwingherrn vertrieben und seine Burgen 
brachen. Heinrich sand wenig Hilfe, als er die Aufständischen züchtigen 
wollte. Er wendete sich sogar auch an den Papst, der gern die Gelegen- 
heit ergriff, den Schiedsrichter zu spielen. Aber er konnte sich nicht mit 
ihm verständigen. Papst Gregor VII. gab vielmehr den Sachsen Recht 
und sprach über den Kaiser, der sich ihm nicht fügen wollte, die höchste 
kirchliche Strafe, den Bann, aus. 
5. Da erklärten die deutschen Fürsten, der Schwabenherzog Rudolf an 
der Spitze, ihrem Könige: ihn absetzen zu müssen, wenn er sich nicht binnen 
Jahresfrist vom Banne löse. Hierdurch zwangen sie Heinrich IV. mitten 
im Winter über die schneebedeckten Alpen nach Italien zu ziehen. Alles 
verließ ihn in seiner Not; nur eine Treue zeigte sich stärker als der drohende 
Tod. Bald nach seiner Mündigkeitserklärung war Heinrich genötigt worden,
	        
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