Full text: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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8. Friedrichs Ansehen sank dadurch sehr, und er mußte eilen, es durch 
die Bestrafung des ungehorsamen Herzogs wieder zu heben. Diese würde 
bei der großen Macht Heinrichs des Löwen schwer ausführbar gewesen fem, 
wenn der Welse nicht durch seine Herrschsucht sich viele Feinde unter den 
deutschen Fürsten gemacht hätte. Sie begrüßten die Ächtung des gewaltigen 
Mannes mit Freuden und stürmten alle auf ihn ein, so daß er nach kurzem 
Widerstande sich dem Kaiser unterwerfen und deffen Gnade anflehen 
mußte (1180). 
9. Der Zorn Friedrichs verrauchte, als er den früher so mächtigen 
Jugendfreund zu seinen Füßen liegen sah. Großmütig dachte er nicht an 
die Hartnäckigkeit, mit der Heinrich ehemals ihn selbst in ähnlicher Lage 
abgewiesen hatte. Die entzogenen Herzogtümer konnte er ihm freilich nicht 
wiedergeben. (Bayern hatte jener Otto von Wittelsbach erhalten, dem 
Friedrich die Rettung aus Gefahr nicht vergessen hatte.) Aber wenigstens 
die Länder Braunschweig und Lüneburg ließ er ihm und seinen Kindern. 
10. Nun stand der Kaiser nach dem schnellen Sturze dieses Gegners 
wieder geachtet und gefürchtet da. 
Als er einen Reichstag (1184) nach Mainz berief, da versammelten 
sich zahlreich die Fürsten und die Blüte des Adels (40000 Ritter) um ihn. 
Sänger und Dichter wetteiferten den großen Kaiser zu preisen. Das Haus 
der Staufer schien dauernd seine Macht in Deutschland begründet zu haben. 
Denn blühende hochbegabte Söhne umgaben den Herrscher. Der älteste 
(Heinrich VI.) war schon zu seinem Nachfolger gewählt; er hatte Aussicht, 
'Italien, das der Vater verloren hatte, wieder zu gewinnen; denn seine 
Gemahlin war Konstante, die Erbin des Königreichs Neapel und Sizilien, 
geworden, und die alte, nun versöhnte Gegnerin, Mailand, hatte es sich als 
höchste Ehre erbeten, daß die Hochzeit in ihren Mauern gefeiert werde. 
So lächelte dem vielgeprüften Fürsten ein friedlicher Lebensabend. 
11. Da kam plötzlich die Kunde, Jerusalem, die heilige Stadt, welche 
vor etwa einem Jahrhundert (1099) auf dem ersten Kreuzzuge den Un- 
gläubigen, den Türken, entrissen worden war, sei den Christen wieder ver- 
loren gegangen. Nun glaubte der Kaiser als höchster Herr der Christenheit 
sich berufen, trotz feines Alters diese Schmach abzuwehren. Mit jugendlicher 
Frische trat er, der als Jüngling sich schon auf dem zweiten Kreuzzuge Ruhm 
erworben hatte, den langwierigen und gefährlichen Zug an. Schon war 
er nach Überwindung zahlloser Schwierigkeiten fast durch Kleinasien vor- 
gedrungen, da stellte sich ein reißender Gebirgsbach dem Vormarsch seines 
Heeres entgegen. Ungeduldig warf sich der greise Held auf feinem Schlacht» 
Wagner, Deutsche Lebensbilder. 3
	        
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