Full text: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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heran; die letzte Hoffnung des Geschlechts. Außer der Mutterliebe verschönte 
auch die Freundschaft mit dem gleichalterigen Friedrich von Baden seine 
Jugend. 
Aber dem hochgesinnten Jüngling ließen die Ansprüche seines Hauses 
auf das Königreich Neapel keine Ruhe, da er in Deutschland keine Aussicht 
hatte zum Herrscher erwählt zu werden. Trotz aller Beschwörungen der 
Mutter, die den Untergang des einzigen Sohnes in dem gefährlichen Lande 
voraussah, folgte wie verblendet der 16jährige Konradin der Einladung 
seiner Anhänger in Italien, die ihm treue Unterstützung zusicherten. Die 
letzten Familiengüter in Schwaben mußte der Königssohn verpfänden, um 
wenigstens ein kleines Gefolge zusammenbringen zu können. 
2. Hoffnungsfreudig überschritt Konradin mit seinem treuen Freunde 
die Alpen. Man nahm in Italien den herrlichen Jüngling begeistert auf. 
Sein Wesen stach doch sehr ab von dem seines Gegners, Karl von Anjou. 
Diesen französischen Prinzen hatte der Papst herbeigerusen und als 
König eingesetzt. Das war ein finsterer, grausamer und heimtückischer Mann, 
der seine Landsleute übermäßig begünstigte, obwohl durch deren Übermut 
die Italiener gegen diese Fremdherrschaft noch erbitterter wurden. Das 
Erscheinen Konradins wurde als eine Erlösung begrüßt; der Sieg der 
Deutschen schien gesichert. 
Es kam zur Schlacht (bei Tagliacozzo 1268). Schon hatte die 
Tapferkeit der deutschen Ritter, welche Konradin begleiteten, den Sieg ent- 
schieden: da zerstreuten sie sich nach ihrer Gewohnheit, um zu 'plündern; 
dies hatte ein Ratgeber Karls voraus gesehen, einen Hinterhalt gelegt und 
vernichtete auf diese Weise die zügellos Plündernden. Konradin mußte 
fliehen; er vertraute auf die Treue eines von den Staufern mit Wohlthaten 
überschütteten Italieners (Frangipani); doch dieser verriet ihn und lieferte 
ihn an Karl von Anjou aus. 
Es wurde nun Gericht gehalten über Konradin und seinen Freund. 
Nur eine Stimme erklärte sich für seine Schuld und sprach das Todes- 
urteil aus. Aber das genügte dem rachsüchtigen Franzosen, den letzten 
Staufer hinrichten zu lassen. 
3. Die Freunde saßen ahnungslos im Kerker beim Schachspiel, als ihnen 
ihr Los verkündet wurde. Würdig und gefaßt hörten sie das Urteil, so 
ungerecht es auch war. Konradin setzte seinen letzten Willen auf, und nur 
dann drohte ihn der Schmerz zu übermannen, wenn er an die ferne Mutter 
dachte. Auf sie waren auch seine Gedanken gerichtet, als er auf dem Markt- 
Platz in Neapel das Blutgerüst bestieg. Zu den Umstehenden sprach er mit 
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