Full text: Lebensbilder aus der Geschichte des Altertums, Lebensbilder aus der deutschen Geschichte (Teil 2)

I. Lebensbilder aus der Geschichte des 
Altertums. 
1. Cyrus. 
Ein sehr mächtiges Volk in Asien waren die Meder. Ihnen waren ®egr 
neben vielen anderen Völkern die Perser unterworfen. Der König der 
Meder hieß Astyages. Dieser träumte einmal, seine Tochter Malidane 
gösse aus einem Kruge so viel Wasser aus, daß ganz Asien davon über- 
schwemmt wurde. Die Traumdeuter, die er befragte, sagten: „Dieser 
Tronin, o König, bedeutet, Maudane wird einen Sohn bekommen, der 
wird König werden an deiner Statt." Da wollte der König sie keinem 
der vornehmen Meder, sondern einem Manne aus dem unterworfenen 
Perservolke zur Frau geben. Denn er dachte, der Sohn eines Persers 
kann doch niemals König der Meder werden. Und so geschah es. Da 
träumte der König abermals. Über Marti)eine erhob sich ein Weinstock, 
der ganz Asien überschattete. Die Traumdeuter legten diesen Traum aus 
wie den ersten. Da ließ er Mandane zu sich kommen, und als sie einen 
Sohn bekam, den sie Cyrus nannte, übergab er das Kind einem seiner 
Vertrauten, Harpagos, der sollte es umbringen. Harpagos aber gab das 
Knäblein einem Hirten mit dem Befehl, es in der Wildnis auszusetzen. 
Des Hirten Frau hatte auch etilen kleinen Knaben gehabt, der war ihr 
gestorben, uud sie bat ihren Mann, das lebende Kind aufziehen zu dürfen. Die Rettung 
Als nun des Harpagos Diener kam, zeigte ihm der Hirte sein totes Kind, 
und es wurde an des Cyrus Statt prächtig begraben. Cyrus selbst aber 
wuchs als der Sohn des Hirten auf. Einmal spielte er mit anderen Knaben ^Mseiueu 
ein Spiel, in dem er zum König gewählt wurde; alle gehorchten ihm, 6nfcl- 
nur der Sohn eines vornehmen Meders wollte nicht gehorchen. Da ließ 
ihn Cyrus von den anderen schlagen. Weinend lief der zu seinem Vater, 
und dieser erbat vom Könige die Bestrafung des frechen Hirtenjungen. Der 
König ließ den Hirten sowie seinen Sohn vor sich kommen. Aber Cyrus 
behauptete, er habe den ungehorsamen Spielgefährten mit Recht schlagen 
lassen. Dem Könige gefiel die frische Art des Jungen; je länger et ihn 
ansah, desto mehr siel ihm die Ähnlichkeit mit seiner Tochter auf. Er 
forschte nach, und so kam die Wahrheit an den Tag. Da die Traum- 
deuter erklärten, anch der Traum des Königs sei dadurch, daß Cyrus im 
Spiel König gewesen sei, in Erfüllung gegangen, so behielt Astyages den 
Wagner-Lampe, Sagen und Lebensbilder. II. 3. Aufl. 1
	        
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