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3. Eine flugfabrt über den ’QdeTterwald. von r. Büchting.
Der Westerwald. Herausg. von Leo Sternberg. Düsseldorf 1911. 8. 97.
er Westerwald war mir schon seit langer Zeit lieb, dann
mein Freund, schließlich die Heimat geworden. Neun
Jahre war ich Landrat des Oberwesterwaldkreises ge¬
wesen, ich hatte den ganzen Westerwald zu Fuß, mit
und ohne Rucksack, zu Pferd, zu Wagen, zu Rad und
zu Automobil durchstreift, ich war in seine Steinbrüche
hinabgeklettert, ich hatte seine Gruben befahren —
jetzt fehlte mir noch der Blick von einer Seite: von oben. Statt wie
bisher in der Fläche, nun im Kubus zu sehen, das mußte etwas ganz
anderes sein.
Ans den 14^ Juni 1907, vormittags 8 Uhr 30 Minuten, wurde
der Aufstieg der „Koblenz" bestimmt. Im Jagdanzuge fuhr ich früh¬
morgens ab und langte gerade rechtzeitig bei der Füllstelle an, wo ich
erfuhr, daß nur noch ein Passagier außer mir mitfahren würde. Nach¬
dem der Ballon seine 1400 cbm Gas gefaßt hatte, hieß es: Im
Korbe Platz nehmen.
Es ist ein eigentümliches Gefühl, das einem zunächst in dem Korbe
ergreift, diesem kleinen 2 bis 21U cbm enthaltenden Gefäß, dem man
für die nächsten Stunden sein Leben anvertrauen soll: und noch dazu
hoch in der Luft, wo kein Laufen, kein Klettern, kein Schwimmen hilft,
wo alle Künste versagen, die man zeitlebens im Schweiße seines Angesichts
erlernt hat.
Die bedienenden Soldaten, die dicht um den Korb herum standen,
hielten ihn noch mit aufgelegten Händen fest. Ans das Kommando
„Anlüften" hoben alle die Hände hoch, so daß der Ballon etwas steigen
konnte. Mit l 7 Sack Ballast gewannen wir Auftrieb, es erfolgte das
Kommando „Aufziehen", sofort darauf „Los". Alle Mannschaften traten
zurück, die Umstehenden riefen uns ein fröhliches „Glück ab" zu, und
wir stiegen allmählich in die Höhe. Ich hatte niemals einen Luftballon
in der Nähe aufsteigen sehen und hatte geglaubt, der Aufstieg geschehe
schnell, als wenn ein Gnmmiball von der Erde springt. Nichts davon;
langsam, stetig und majestätisch steigt der goldgelb erglänzende Ballon in
hellem Sonnenschein empor.
Über die Gefühle, die mich in den ersten Augenblicken ilberkamen,
kann ich keine Rechenschaft ablegen. Die Eindrücke waren so mächtig,
daß ich sie nicht alle verarbeiten konnte, nur das weiß ich, es war keine
Angst dabei, sondern lediglich das Gefühl von etwas Außerordentlichem,
Erhabenem und Schönem. Nicht weit von der Gasanstalt von Koblenz, wo
der Aufstieg erfolgte, stehen hohe Häuser. Wir sahen, ständig steigend, den
Leuten des ersten, zweiten, dritten Stockwerks in die Fenster, dann auf die