70 III. Lebensbilder aus der Brandenburgisch - Preußischen Geschichte,
17. Friedrich Wilhelm III. (1797—1840) und die
Königin Luise.
Auf den großen König war sein Neffe gefolgt, Friedrich Wilhelm II.,
ein Herrscher, der seinen Vorgänger bald vermissen ließ. Fern vom
Hofe wuchs der Kronprinz auf, ein ernster Jüngling, von aufrichtiger
Gottesfurcht beseelt, aber von Natur schüchtern und ohne rechtes Selbst-
vertrauen. In Frankfurt a. M. lernte er die jugendschöne Prinzessin
Luise von Mecklenburg kennen und lieben. Seine Liebe ward erwidert,
und bald wurde aus Friedrich Wilhelm und Luise das glücklichste Ehepaar.
Das junge Paar lebte am liebsten für sich auf dem Lande, besonders
auf dem Gute Paretz an der Havel. Scherzend nannte'sich der Krön-
Prinz „den Schulzen von Paretz", während seine Gemahlin sich als
„gnädige Frau von Paretz" gefiel. An Erntefesten, wenn das junge
Volk der Schnitter zum Tanze flog, mischten sie sich gern unter die
Fröhlichen. Nicht selten ging die hohe Frau bei den jährlichen Dorf-
festen von Bude zu Bude, um für die Jugend, die sie umringte, kleine
Geschenke einzukaufen, und dann kam es vor, daß die Kinder ihr zutrau-
lich zuriefen: „Mir auch was, Frau Königin!"
Ebenso schön gestaltete sich das Familienglück im heiteren Ver-
kehr mit den eigenen aufblühenden Kindern, so daß die Königsfamilie
ein Vorbild für das ganze Land wurde. Wenn die Kronprinzessin an ihrem
ersten Geburtstage in Berlin den König Friedrich Wilhelm II. um eine
Handvoll Geld gebeten hatte, damit die Armen der Hauptstadt an ihrer
Freude teilnehmen könnten, so schrieb Luise, als sie (1797) Königin ge¬
worden war, an ihre Großmutter: „Ich bin jetzt Königin, und was mich
dabei am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohl-
taten nicht mehr so ängstlich zu zählen brauche." Einige Jahre reinsten
Glückes waren der holden Frau noch beschieden. Aber 1806 traf ein
schweres Geschick ihre Familie und das Vaterland.
In Frankreich war 1789 eine große Umwälzung (Revolution) er-
folgt. Den König Ludwig XVI. hatten die Vertreter des französischen
Volkes zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dann waren die An-
Hänger des Königstums ausgerottet, Ströme von Blut vergossen worden,
bis sich ein kühner, rücksichtsloser Feldherr, Napoleon Bonaparte
aus Korsika, zum neuen Beherrscher, zum Kaiser der Franzosen ausge-
schwungen hatte. Fast mit ganz Europa hatte Frankreich damals Krieg,
aber aus allen diesen Kriegen ging es siegreich hervor. Besonders war