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Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte
steht vornehmlich bei Dir: darum erwäge es wohl und achte auf meinen
Rat, den Hot deines Bruders. Vir haben viele Getreue und ein großes
Volk, das uns im Kriege folgt, wir haben Burgen und Waffen? in unseren
Händen sind die Zeichen königlicher Roheit, und es umgibt uns der Glonz
des Königtums. tfber es fehlt uns dos Glück und die rechte Sinnesort
Dos Glück, mein Bruder, und diese Sinnesort fielen Heinrich zu,- die Zu-
kunft des Reiches steht bei den Sachsen. Nimm also diese königlichen Ab-
Zechen, die goldenen Spangen mit dem Königsmantel, das Schwert und
die Krone unserer alten Könige, gehe hin zu Heinrich und mache deinen
Brieden mit ihm, auf doß du ihn fortan zum Freunde hobest, ©der soll
das ganze Volk der Franken mit dir vor seinem Schwerte fallen? Denn
wahrlich er wird ein König und Herr sein vieler Völker!" Kaum hatte
der hartgeprüfte König seine flugen geschlossen, als Eberhard getreulich
erfüllte, was er feinem sterbenden Bruder gelobt hatte. Er versammelte
die Großen des Reiches um sich und empfahl ihnen den Herzog Heinrich
von Sachsen mit warmen Worten zum deutschen König, „wahrlich, das
muß ein edler ZTTann sein, der an seinem Feinde solchen Lobredner findet,"
rief einer der Fürsten, und so wurde Heinrich von den Sachsen und Franken
zum König gewählt. Eine spätere Sage erzählt, wie die Gesandten, die
dem neuen König die Reichskleinodien überbringen sollten, ihn gerade
beim Vogelherd trafen, und so erhielt Heinrich nochmals den wunder¬
lichen Beinamen „der Vogelsteller".
Heinrich war von hoher königlicher Gestalt, nie besiegt in Kampfspielen,
unermüdlich auf der Jagd. Froh und leutselig beim Gelage, wußte er doch
allen Ehrfurcht vor seiner königlichen würde einzuflößen, was ihn aber
am meisten zum Herrscher geeignet machte, war sein klarer Verstand,
kluge Vorsicht und ein sicherer Blick für das Erreichbare. So gelang ihm
das große Werk der Einigung aller Stämme.
Dig?5tTn= ^6er auc^ öert äußeren Feind hat Heinrich von den Grenzen Deutsch-
lands ferngehalten. Schon seit Jahrzehnten verwüsteten die Ungarn, ein
tvildes Reitervolk, ohne daß ihnen halt geboten werden konnte, deutsches
£and. Greuel, die jedes menschliche Gefühl erschaudern lassen, erzählten
sich die Zeitgenossen von diesen fürchterlichen Feinden, von Jugend auf
waren sie Reiter und von ihren Pferden nicht zu trennen. Ihre Pfeile
verfehlten selten das Ziel. In unermeßlichen Schwärmen ergossen sie
sich jährlich auf kleinen raschen Pferden über Deutschland; brennende
Dörfer, geplünderte Kirchen und ausgeraubte Klöster bezeichneten ihren
weg. Die erschreckten Bewohner flüchteten in das Dickicht der Wälder
oder in verborgene höhlen und beteten zu Gott:
„Klemer Huf und kleines Roß,
Krummer Säbel, spitz Geschoß,
Blitzesschnell und sattelfest,
Schirm uns, Herr, vor dieser Pest!"