Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte
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abzutreten (1864); Preußen übernahm in Schleswig, Österreich in Holstein
die Verwaltung. Bald aber kam es über das weitere Schicksal der Herzog-
tümer zwischen den Siegern zum Kriege, wobei ganz Deutschland sich in
zwei Heerlager spaltete. Auf Österreichs Seite standen alle größeren
deutschen Staaten, zu Preußen hielten nur wenige der kleineren nord-
deutschen und die meisten thüringischen Staaten. In 3 Heersäulen rückten
die Preußen in Böhmen ein, und hier .fiel am 3. Juli
unter den Rügen des Königs zwischen Sadowa und Köitiggräiz
die Entscheidung. Prinz Friedrich Karl und herwarth von Bittenfeld eröffneten
den Kampf. Der König hielt mit seinem Stabe auf einem Hügel und kam in ein
heftiges Granatfeuer, so daß Bismarck den König „ernstlich" aus dem Bereich
der Kugeln entfernte. In banger Spannung erwartete man den Anmarsch
des Kronprinzen, der mit seiner weiter entfernt stehenden Heeresmacht
heraneilen und die Entscheidung bringen sollte. Nur Moltke bewahrte seine
eiserne Ruhe. Bismarck reichte ihm seine Zigarrentasche, und Moltke ent-
nahm ihr, nachdem er prüfend gewählt hatte, von zwei Zigarren die bessere,
was Bismarck als ein Zeichen guter Vorbedeutung nahm. Gegen Mittag
wandte sich der König an Moltke mit der $rage, was er vom Verlauf des
Gefechtes halte, da entgegnete dieser: „Ew. Majestät gewinnen heute nicht
nur die Schlacht, sondern den ganzen Seidzug." Da endlich erblickte man
zwischen 1 und 2 Uhr in der $erne lange dunkle Linien. 3n der Umgebung
des Königs hielt man diese für Ackerfurchen. Doch Bismarck sah durchs Glas
und sagte: „Das sind keine Ackerfurchen, die Linien bleiben sich nicht gleich,
sie bewegen sich vorwärts, das sind Heersäulen.!" Kurze Zeit darauf meldeten
heransprengende Offiziere den Anmarsch des kronprinzlichen Heeres, das
um 4 Uhr morgens den Schlachtbefehl erhalten hatte und in gewaltigen Eil¬
märschen auf durchweichten Wegen heranmarschiert war. Mit Ungestüm
fielen die Truppen des Kronprinzen in die rechte $Ianke der Österreicher.
Nach mehrstündigem, heißem Kampfe gelang es ihnen, die von den Öfter-
reichern besetzten höhen von Ehlum zu nehmen. Gegen 5 Uhr nach-
mittags war die Schlacht entschieden, der österreichische Oberbefehlshaber
Benedef gab den Befehl zum Rückzug nach Königgratz. „Ich habe alles
verloren," soll er ausgerufen haben, „alles, nur leider mein Leben
nicht." Der Verlust der Österreicher belief sich auf 43 000 Mann,
während die Preußen „die größte Schlacht des Jahrhunderts" mit
9000 Mann nicht zu teuer erkauft hatten. Donnerndes Hurra empfing
den König, als er über das Schlachtfeld ritt. Abends um 8 Uhr ver¬
stummte der Kanonendonner. Auf der höhe von Ehlum traf der König
den Kronprinzen, tief bewegt umarmte der Dater den Sohn.
3" dem Frieden, der diesem kurzen, aber ruhmvollen Kriege folgte, ver Nord,
fchieö Österreich aus Deutschland aus und überließ Preußen die Ordnung 'sunt*
öer deutschen Angelegenheiten. Hannover, Kurhessen, Nassau, Stank*
futt a. M. und Schleswig-Holstein wurden dem preußischen Staate
1866