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Cäsar). • Der Ehrentitel Augustus, d. H. „der Geweihte", der ihm
bald beigelegt wurde, wurde später der eigentliche Kaisertitel. Er
führte ferner den Titel Imperator, was ihn eigentlich als „den
obersten Heerführer" bezeichnete (daher franz. empereur). Die For¬
men der alten Republik behielt dabei Augustus womöglich bei. Es
gab nach wie vorher einen Senat, Konsuln, Volksversammlung u. s. w.
Aber überall geschah des Herrschers Wille.
b. Im ganzen begann jetzt eine bessere Zeit für Rom. Das
Kaisertum brachte mehr Frieden, die Provinzen wurden viel besser
verwaltet, Handel und Verkehr wurde lebhaft, Augustus suchte auch
dem Sittenverfall zu steuern. Seine Zeit war die glänzende Zeit
der römischen Litteratur. Vergilius, der Verfasser des Helden¬
gedichts von Äneas, der talentvolle Horatius und der leichtfertige
Ovidius blühten unter ihm. Titus Livius erzählte damals die
Geschichte Roms. Andere glänzende Namen gehören der letzten Zeit
der Republik an: so Cicero, vor allem groß als Redner, und Cäsar,
der auch als Geschichtschreiber des gallischen Krieges sich einen Namen
gemacht hat. Auch die nächste Zeit brachte noch bedeutende Männer,
wie den Geschichtschreiber Tacitus (um 100 n. Chr.) hervor.
c. Aber auch die zwei Mächte, vor denen das römische Welt¬
reich in den Staub sinken sollte, traten damals aus den Plan.
Unscheinbar und verborgen wurde im fernen Osten Jesus Christus
geboren. Und gegenüber den germanischen Völkern gelang es
zwar den Römern, das Alpenland zu erobern und in Norddeutsch¬
land drang Drusus bis zur Elbe vor und sein Bruder Tiberius
befestigte die römische Herrschaft in jenen Gegenden. Aber die Nieder-
9.läge, welche Quinctilius Varus im Teutoburger Wald (9)
durch den Cheruskerfürsten Arminins erlitt, erschütterte sogar Au¬
gustus in Rom (s. S. 63).
d. In seinem Hause hatte Augustus wenig Glück. Seine dritte
Frau Livia war ein böses Weib; seine eigenen Kinder und Enkel
machten ihm wenig Freude. Er starb 75 Jahre alt mit der Frage,
ob er seine Rolle gut gespielt habe.
2. Die übrigen Julier. a. Tiberius (14—37), sein Stief¬
sohn, ein schon bejahrter Mann, setzte die Kämpfe in Deutschland
fort und regierte im Ansang gut, namentlich sparsam, später als
finsterer, mißtrauischer, blutbefleckter Tyrann, bis er 37 erkrankte
und, zu früh für tot gehalten, unter Decken erstickt wurde.
b. Caligula (37—41), führte eine wahnsinnige, verschwen¬
derische, grausame Regierung („Möchte das ganze römische Volk doch
einen Nacken haben, damit man es mit einem Streiche vernichten
könnte"), bis er ermordet wurde.
c. Claudius (41 — 54), war ein gelehrter, gutmütiger und
schwacher Mann; statt seiner regierten seine zwei abscheulichen Weiber,
deren zweite ihn zuletzt vergiftete, um ihrem Sohne