— 15 —
Tag wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag.“
Er vertiefte sich .immer mehr in seine Gedanken, verliess
den Garten und erging sich in den benachbarten Fels¬
gründen. Als er aber das Yesperglöcklein läuten hörte,
eilte er zurück und klopfte an die Klosterpforte. Ein
ihm unbekannter Bruder öffnete und fragte nach seinem
Begehr. Der Mönch gab keine Antwort, sondern eilte
nach der Kirche, um nicht zu spät zum Gottesdienst zu
kommen. Als ,er die Kirche betrat, sah er, dass
sein Platz schon von einem ändern eingenommen war,
und von all den Mönchen, die rings im Chor die Vesper
sangen, war ihm kein einziger bekannt. Er selbst fiel
den Brüdern eben so sehr auf, wie vorher dem Pförtner.
Als der Gottesdienst beendet war, fragte man ihn nach
seinem Namen; doch der war allen unbekannt. Man
holte die Klosterchronik herbei und ersah daraus, dass
ein junger Mönch dieses Namens, ein Grübler und
Zweifler, vor dreihundert Jahren im Walde verschwunden
sei. Als der so spät Zurückgekehrte das vernahm, fiel
er kraftlos zur Erde nieder. Man hörte ihn nur noch
flüstern : „Tausend Jahre sind vor ihm wie ein Tag“ ;
dann war er tot.
Wer hat den besten Edelstein
Wohl auf und ab den ganzen Rhein?
Es trug sich einmal zu, dass der Erzbischof von
Köln in Bonn ein grosses Fest gab, zu dem viele Fürsten
und Edle von beiden Seiten des Rheines geladen waren.
Als sie nun im Saale beieinander sassen, rühmten sie
sich ihrer Macht und Herrlichkeit und besonders ihrer