Full text: Rheinische Sagen nach pädagogischen Gesichtspunkten

Was den zweiten Teil dieser Aufgabe anbelangt, 
so glaubte ich ebensowohl die schwülstige, poetisierende 
Sprache mancher älteren Sagensammlungen, wie auch 
die zerhackten, allzukurzen Sätze des sogenannten 
Kinderstubenstils vermeiden zu müssen. 
Viel schwieriger war die Auswahl der Sagen. 
Zunächst schien die überreiche Fülle des Materials eine 
„Verlegenheit des Reichtums“ hervorzurufen; bei ge¬ 
nauerer Prüfung aber ergab sich, dass die Zahl der für 
die Schule wirklich brauchbaren Sagen sehr gering ist. 
Die im Unterricht zu behandelnden Sagen müssen meines 
Erachtens folgenden Anforderungen genügen: 
a. Sie dürfen nicht bloss den Sagenforschern bekannt 
sein, sondern müssen noch im Volke leben. 
b. Sie müssen interessant und bedeutend sein und 
sich an hervorragende Gregenden und Orte anschliessen. 
c. Ihr Inhalt darf den allgemeinen ethischen Zielen 
der Schulerziehung nicht zuwiderlaufen. 
d. Die Lebensverhältnisse in den Sagen müssen 
für Kinder des fünften Schuljahres verständlich sein 
oder ihnen durch den Unterricht leicht verständlich 
gemacht werden können. 
Von den nachfolgenden dreizehn Sagen glaube 
ich, dass sie diesen Anforderungen entsprechen. 
Sie werden auch als Lehrstoff für ein Tertial völlig 
ausreichen. Ein blosses Lesen oder Erzählen und 
Wiedererzählen kann eben nicht genügen; es muss eine 
eingehende Besprechung des Inhaltes, bei der auch das 
innere (psychologische) Triebwerk der Handlungen 
blossgelegt und beurteilt wird, hinzukommen. Mit 
besonderer Sorgfalt ist das kulturhistorische Material
	        
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