59
gewählt. Die andern gaben ihre Stimmen dem Herzog Ludwig von
Bayern. Weil keiner von ihnen freiwillig auf die Krone verzichten
wollte, kam es zum Kriege zwischen den beiden Gegenkönigen. Leopold,
die Blume der Ritterschaft genannt, war ein treuer Bundesgenosse seines
Bruders Friedrich. Aber in der entscheidenden Schlacht bei Mühldorf
(1322) war er mit seinen Truppen noch nicht angekommen. Friedrich
nahm trotzdem die Herausforderung Ludwigs vou Bayern an. Lange
schwankte der Sieg vom einen zum andern. Plötzlich erschien im Rücken
der Österreicher eine neue Reiterschar. Alle meinten, es wäre Leopold mit
den Seinigen. Allein es war der Burggraf Friedrich von Nürnberg, ein
Hohenzoller, der treue Bundesgenosse Ludwigs von Bayern. Jetzt war
die Schlacht verloren, und Friedrich mußte sich nach tapferer Gegenwehr
dem Burggrafen von Nürnberg gefangen geben. Er wurde von Ludwig
auf die feste Bnrg Transnitz gebracht.
Aber während Friedrich gefangen saß, setzte Leopold den Krieg für
ihn fort. Ludwig geriet dadurch so sehr in Bedrängnis, daß er den
Frieden suchte. Er begab sich deshalb nach Transnitz zu seinem Gefan-
gelten, ber durch eine dreijährige Kerkerhaft ganz trübsinnig geworden
war. Er hatte keinen- anbern Wunsch, als zu seiner treuen Gemahlin
Elisabeth zurückzukehren, bie sich aus Gram um ihn blinb geweint
hatte. Gern verzichtete er auf dett Thron und versprach auch, seinen
Bruder Leopold zu bewegen, den Krieg aufzugeben. Gegen dieses Ber*
sprechen wurde er freigelassen. Aber als er nach Hause kam, fand er,
daß sein Bruder Leopold von solchem Hasse gegen Ludwig erfüllt war,
daß es ihm unmöglich war, sein Versprechen zu erfüllen. Deshalb kehrte
er, treu dem gegebenen Worte, zu Ludwig in die Gefangenschaft zurück.
Dieser war über solchen Edelmut und solche Treue tief gerührt. Er
erinnerte sich an ihre Jugendfreundschaft, drückte ihn ans Herz und nannte
ihn Bruder. Von nun an wohnten, aßen und schliefen sie zusammen. Sie
teilten sich in die Regierung des Reiches, und wenn einer abwesend war,
besorgte der andere die Geschäfte. So lebten und herrschten sie als
Brüder zusammen, bis Friedrich schon im Jahre 1330 starb. Ludwig
aber regierte noch siebenzehn Jahre lang.
34. Die Städte.
Entstehung. — In den ältesten Zeiten wohnten die Deutschen
nicht zusammen in Städten, sondern einzeln auf Gehöften. Dort war
jeder auf sich selbst angewiesen, und es gab noch keine Handwerker. Jeder
war sein eigener Bäcker und Fleischer, sein eigener Schuhmacher und
Schneider, sein eigener Schmied und Zimmermann. Selbst Karl der Große