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Großen wurde Friedrich Wilhelm Kronprinz. Als solcher nahm
er im Jahre 1792 an dem Feldzuge teil, den sein Vater gegen
Frankreich unternahm. Bei dieser Gelegenheit lernte er seine
künftige Gemahlin, die schöne und liebenswürdige Prinzessin
Luise von Mecklenburg - Strelitz kennen. Dieselbe war am
10. März 1776 geboren. Ihr Vater, der Prinz von Mecklenburg-
Strelitz, war Feldmarschall des hannoverschen Heeres. Ihre
Mutter war früh gestorben, aber ihre Großmutter, die Landgräfin
von Hessen-Darmstadt, nahm sich der Kinder an. Luise und ihre
Schwester Friederike waren sehr viel bei ihr und verlebten in
Darmstadt glückliche Jugendtage. Besonders gern machten sie
auch Reisen mit der Großmutter, sie hatten Gelegenheit, in Frank-
surt a. M. zwei Kaiserkrönungen zu sehen. Bei Gelegenheit einer
derselben wohnten sie bei Goethes Mutter, der „Frau Rat".
Im Frühjahre 1793 folgte die Landgräfin mit ihren Enkelinnen
einer Einladung des Königs Friedrich Wilhelm II. nach Frankfurt,
wo sich der König für längere Zeit aushielt. Hier sahen sich
Luise und der Kronprinz zum erstenmal. Der König hielt bald
daraus um die Hand der Prinzessinnen für seine Söhne Friedrich
Wilhelm und Ludwig an, und Vater und Großmutter gaben gern
ihre Einwilligung. Am 22. Dezember desselben Jahres hielt Luise
ihren feierlichen Einzug in Berlin und entzückte alle durch ihre
Anmut und Lieblichkeit. Was ihr aber noch mehr die Herzen
gewann, war ihre Freundlichkeit und Leutseligkeit. Als sie am
Thore von einer Schar weißgekleideter, kleiner Mädchen begrüßt
wurde und eins derselben ihr einen Blumenstrauß überreichte, hob
sie es auf und küßte es.
Am Weihnachtsabend wurde die Vermählung im Schlosse
gefeiert, und nun begann für Luise und ihren Gemahl eine glück-
liehe Zeit.
c) Friedrich Wilhelm III. und Luise in Paretz. Am
liebsten weilten sie aus dem Gutshofe Paretz, frei von dem lästigen
Hofzwang. Sie gingen häufig in der schönen Umgegend spa-
zieren und benutzten manchmal sogar Leiterwagen zu ihren Aus-
flügen, zum großen Entsetzen der Oberhosmeisterin Gräfin Voß.
Luise wurde nur „die gnädige Frau von Paretz" genannt. Sie
und ihr Gemahl nahmen regen Anteil an dem Ergehen ihrer Guts-
leute; bei Erntesesten mischten sie sich unter die Tanzenden, und
Luise ging oft selbst aus den Jahrmarkt und kaufte an den Buden
Geschenke für die Dorfkinder. Oft traf man sie auch in den
Hütten der Armen, wo sie die Kranken tröstete.
(1) Wohlthätigkeit der Königin Luise. Luise sand ihr größtes
Glück darin, wohlzuthun und andere glücklich zu machen. Als
sie ihren ersten Geburtstag als junge Frau feierte, wurde sie von
ihrem Gemahl reich beschenkt, und auch ihr Schwiegervater, der