32 Dietrich der Bedrängte.
Dietrich wandte sich zunächst nach der Wartburg zu seiner Ge-
mahlin Jutta und seinem biedern Schwiegervater, dem Landgrafen
Hermann I. von Thüringen, welcher in Verbindung mit Dietrichs
Schwager, dem König Ottokar von Böhmen, ein ansehnliches Heer
ins Feld stellte, um die Markgrafschaft Meißen ihrem angestammten
Fürsten zurückzugeben. Jedenfalls auf Veranlassung des Kaisers hatte
sich die Nachricht verbreitet, der neue Markgraf sei im heiligen Lande
an seinen Wunden gestorben. Als nun die treuen Unterthanen zu
ihrer freudigen Überraschung den geliebten, für tot geglaubten Lan-
desHerrn an der Spitze des Heeres erblickten, da strömten sie zu Tau-
senden herbei, um die fremden Vögte und ihre Kriegsknechte wieder zu
vertreiben. Namentlich zeichneten sich die Bewohner der jungen Stadt
Freiberg rühmlich aus, indem sie bewaffnet die kaiserliche Besatzung
aus ihren Mauern vertrieben, wofür ihnen der Markgraf außer an-
deren Vergünstigungen das Recht erteilt haben soll, den aufrecht stehen-
den schwarzen Löwen in golbnent Felde, welcher sich im sürstlichen
Wappen ber meißnischen Markgrafen befanb, in ihr Stabtwappen auf-
zunehmen.*) Überhaupt waren bie kaiserlichen Besatzungen samt ben
Vögten klug genug, ber augenblicklichen Übermacht zu weichen. Nur
in wenigen festen Burgen behaupteten sich bieselben hartnäckig. Doch
als sich gegen Enbe bes Jahres 1197 bie Nachricht verbreitete, ber
Kaiser Heinrich VI. sei (am 28. September) auf Sizilien mit Tob
abgegangen, so würben auch biese zur Übergabe genötigt, unb bas ganze
Lanb warb in bie Hänbe seines rechtmäßigen Herrn zurückgebracht.
So hätte benn nun ber Markgraf Dietrich sich ruhig bes Be>
sitzes seines väterlichen Erbes erfreuen können. Doch leiber sollte sein
ganzes Leben eine Reihe von brängenben Unruhen sein, weshalb er
auch in ber Geschichte mit Recht ben Namen bes „Bedrängten" führt.
Kaum hatte er von ben Anstrengungen seiner Heerfahrt nach Palä-
stina sich erholt und die Vertreibung der Kaiserlichen glücklich voll-
endet, so ward er in die damals herrschenden und dem gesamten beut-
sehen Reiche nicht wenig Unruhe verursachenben Streitigkeiten zwischen
den beiden deutschen Gegenkönigen Philipp von Schwaben und
Otto von Braunschweig hineingezogen.
In dem daraus sich entwickelnden zehnjährigen Kriege stand
Markgraf Dietrich auf Philipps Seite, während sein Schwiegervater,
Landgraf Hermann von Thüringen, und sein Schwager Ottokar
von Böhmen der Partei Ottos angehörten. Infolgedessen litten Meißen,
sowie Thüringen und Böhmen viel durch gegenseitige Einfälle, ja der
*) Übrigens hatte später Dietrich seinen Wohnsitz größtenteils zu Freiberg.