Full text: Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen

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großer Reichthümer künftig abgehalten würde, wurden, 
zum schrecklichen Lohn, alle die getödtet, welche bei dem 
Werke geholfen und bei der Beerdigung zugeben gewesen 
waren. 
l69. Karl der Großes 
Wo Karl geboren worden, ist ungewiß; nach Einigen 
in Ingelheim in Rheinhessen, nach Andern in Lüttich oder 
in Aachen, noch Andere meinen, im Schlosse Karlsberg in 
Baiern; im Jahr n. Christo 742. Aber daß Karl von herr¬ 
lichen Ahnen stammte, das hat uns die Geschichte aufbehal¬ 
ten. Sein Großvater war Karl Martell (d. h. der Hammer), 
der die europäische Christenheit vor dem Schwert und Glau¬ 
ben der Araber schützte, indem er im Jahr 732 in der 
fürchterlichen Schlacht bei Tours 375,000 Feinde nieder¬ 
machte und den Rest sich wieder nach Spanien zurückzu¬ 
ziehen nöthigte. Und Karls Vater war Pipin, der zwar 
nur der Kleine hieß, der aber doch eine solche grimmige 
Stärke besaß, daß er einst bei einer Thierhetze im Angesicht 
seiner Franken von den Sitzen hinabsprang und einem Löwen, 
der einem Büffel auf dem Nacken saß, mit Einem Hiebe 
den Kopf abschlug, so daß das Schwert noch tief in den 
Hals des Büffels fuhr. 
Karl war ein schöner, hochherrlicher Mann. Seine 
großen, hellen Augen blickten sanft und wohlwollend, aber 
wenn er zürnte, glichen sie flammenden Feuern. Eine grad- 
laufende Nase, gesunde Gesichtsfarbe und schwarz wallendes 
langes Haar zierten sein Haupt. Männlichen und majestäti¬ 
schen Ansehens, erkannte man in ihm den glorreichen Welt¬ 
gebieter. Selten unwohl, im Alter nur wenig leidend, ritt 
er gern aus. Es war sein höchstes Vergnügen. Er eilte 
durch den grünen Wald und sang ein Lied zum Harfenspiel 
der Vögel. Keiner seiner Zeitgenossen war ihm an Stärke 
gleich, wenn er im Scherze einen gewaffneten Ritter mit 
einer Hand von der Erde erhob und ein Hufeisen leicht 
auseinander brach. 
Des Kaisers Kleidung war einfach, an Werkeltagen nur 
solche, welche Frau uub Töchter ihm gesponnen und ge¬ 
woben hatten. Ausländische Tracht haßte er. Einst nahm 
er Viele seines Gefolges, die sich in ausländische kostbare 
Modepelze gekleidet hatten, im heftigsten Sturmwetter mit 
auf die Jagd durch Morast und Dornengestrüppe. Arg zer¬ 
fetztkehrten sie zurück und waren von ihrer Ausländerei geheilt.
	        
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