Full text: Erzählungen aus der deutschen Sage und Geschichte (Vorstufe)

49. Preußens Fall. 101 
49. Preußens Fall. 
1. Die preußischen Könige zur Zeit der Revolution. In 
Preußen war Friedrich dem Großen sein Nesse Friedrich Wilhelm II. 
(1786—1797) als König gefolgt. Er kam seinem großen Vorsahren 
nicht gleich, und doch hätte Preußen gerade während der französischen 
Revolution eines besonders einsichtigen und kräftigen Herrschers bedurft. 
— Auf ihn folgte sein Sohn Friedrich Wilhelm III. (1797—1840). 
Er war friedliebend und hütete sich lange vor einem Kriege mit 
Napoleon. 
2. Die Doppelschlacht bei Jena und 5luerstädt. Rber 
Napoleon suchte Streit und verletzte den König Friedrich Wilhelm III. 
durch Gewalttätigkeiten so sehr, daß Preußen dem Kampfe nicht länger 
ausweichen konnte. Es schloß ein Bündnis mit den Russen und erklärte 
Napoleon den Krieg. Noch ehe die russischen Hilfstruppen da waren, 
zogen die Preußen in den Kampf. Sie hatten schlechtere Waffen und 
wurden schlechter verpflegt als die französische Rrmee. Ihre Generale 
waren meist alt und schwach- viele hatten sich mit der neuen Kriegs¬ 
kunst Napoleons nicht.bekannt gemacht, weil sie die Rrmee Friedrichs 
des Großen für unüberwindlich hielten. Die jungen französischen 
Generale aber waren von Napoleon aus den klügsten und tapfersten 
Offizieren gewählt. In der Doppelschlacht bei Jena und Ruer= 
städt trafen die ungleichen Heere am 14. Oktober 1806 zusammen; das 
preußische Heer erlitt eine völlige Niederlage und wich in gänzlicher 
Ruflösung zurück. Ganz Preußen stand dem Sieger offen. 
3. Napoleons Einzug in Verlin. In dieser Not hätten die 
preußischen Festungen dem Feinde den äußersten Widerstand leisten 
müssen. Rber wie die Generale der Feldarmee, so waren auch die 
meisten Festungskommandanten alte, schwache £eute, und im Schreck 
über den Sieg des Feindes vergaßen die meisten Ehre und Pflicht. 
Erfurt, Spandau, Küstrin, Stettin und selbst das starke Magdeburg 
wurden ohne Belagerung schimpflich übergeben. In wenig Wochen 
waren die Franzosen Herren des preußischen Landes bis zur Weichsel 
hin; sie zogen ungehindert in Berlin ein. Napoleon ließ die Siegesgöttin 
auf dem Brandenburger Cor und den Degen vom Sarge Friedrichs 
des Großen als Siegeszeichen nach Paris schaffen. 
4. Ittämter von Ehre. In dieser traurigen Seit der Schande, 
die Preußen zu bestehen hatte, ragt aber doch eine Rnzahl mutiger
	        
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