Full text: Kleine Lebensbilder berühmter Männer für den geschichtlichen Unterricht

- 65 — 
Er brach also mit seinem Heere auf und kam nach einiger Zeit an 
den Jndusstrom, den er überschritt. Die meisten indischen Fürsten kamen 
ihm huldigend mit Geschenken entgegen, und er konnte ungehindert bis zum 
Flusse Hydaspes vordringen. Hier aber stieß er aus bedeutenden Widerstand, 
denn am jenseitigen Ufer hatte sich der berühmteste und mächtigste aller in¬ 
dischen Könige, Porus mit Namen, mit einem sehr großen Heere aufgestellt 
und wehrte Alexander den Übergang. Aber in einer schauerlichen Nacht, 
während es donnerte und blitzte und der Regen in Strömen vom Himmel 
fiel, setzte der kühne Held über den Fluß, griff das Heer des Porus an 
und schlug es in die Flucht. Porus selbst kämpfte wie ein Löwe und war 
der letzte auf dem Schlachtfelde. Von Wunden und Durst ermattet, ergab 
er sich. Man führte ihn zu Alexander. Dieser ging ihm entgegen, ver¬ 
wunderte sich über seine Größe, seine Schönheit und sein edles Benehmen 
uud fragte ihn: „Wie willst Du behandelt sein?" „Wie ein König" erwiderte 
Porus. „Verlangst Du sonst nichts von mir?" fragte Alexander weiter. 
„Sonst nichts," war die Antwort; „jenes begreift alles in sich!" Sein Ver- 
langen ward ihm vollständig gewährt. Er bekam nicht nur sein ganzes 
Königreich wieder, sondern auch noch neue Besitzungen hinzu. Auf dem 
Schlachtfelde ließ Alexander eine Stadt bauen, die den Namen Nikaia er- 
hielt. Auch legte er in dieser Gegend die Stadt Bukephala an zum An- 
denken an sein treues Roß Bukephalos, welches hier seinen Tod gefunden 
hatte. 
8 34. 
UfeXanbers Mückkehr und Hob. 
Der Sieg über den mächtigen König Porus schreckte alle Völker In- 
diens. Die, welche sich nicht unterwarfen, verließen ihr Land und flohen 
bestürzt über den Fluß Hyphasis. Alexander wollte auch diesen überschrei- 
ten, aber die Makedonier wollten nicht weiter ziehen. Sie waren der 
unaufhörlichen Anstrengungen und Mühen endlich überdrüssig. Alle sehn- 
ten sich nach der Heimat zurück, von welcher sie über 600 Meilen entfernt 
waren. Alexander wollte sie aufmuntern; aber vergebens. Es erhob sich 
ein dumpfes Gemurmel, manche weinten. Da sprach der König erzürnt: 
„Ich werde weiter ziehen; wer nicht folgen will, mag umkehren; ich werde 
keinen zurückhalten; aber verkündet dann in der Heimat, daß ihr euren 
König mitten im Feindeslande verlassen habt." Darauf verschloß er sich 
drei Tage lang in seinem Zelte, niemand durfte ihm vor Augen kommen 
Als er aber merkte, daß nichts ihren Entschluß änderte, erklärte er, er wolle 
mit ihnen umkehren. Ein jauchzendes Freudengeschrei erscholl bei diesen 
Worten im ganzen Lager. Alle drängten sich um ihren König und dank- 
ten ihm, daß der Unüberwindliche sich habe von ihren Bitten überwinden 
Neu haus, Kleine Lebensbilder. 5
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.