Preussische Monarchie. — § 16. Regierungsantritt Friedrichs d. Gr. 47
kose Scherze. Im Alter bei Gichtschmerzen Beschäftigung
mit Malerei: ,,In tormentis pinxit“) und barsch im Umgange
(Härte gegen seine Familie. Der Stock sein beliebtes Züch¬
tigungsmittel. Sein jede Erwiderung abschneidendes Wort:
Räsonnier’ Er nicht!). Dennoch Erzieher seines Volkes
zu Thätigkeit, Pflichttreue, Ordnung, Sparsamkeit und Gehor¬
sam, den Quellen monarchischen Sinnes. Er darf daher mit
Recht als Präger preussischer Eigenart gelten. Durch Auf¬
richtung der beiden Grundsäulen des Staatsgebäudes (S. o. III.
u. IV.) muss er aber der zweite Begründer des Preussischen
Staates genannt werden.
§ 16. Der Regierungsantritt Friedrichs des Grossen.
I. Friedrich II., „der Grosse“, 1740 — 1786.
[Friedrich, Sohn König Friedrich Wilhelms I. und der Sophie
Dorothee, Tochter Georgs I., des ersten englischen Königs aus dem Hause
Hannover, ist in seiner Jugend von schwächlicher Gesundheit, zeigt aber bei
feurigem Temperament glänzende Geistesgaben und Schwung der Seele. Erste
Erziehung durch seine Mutter unter Beirat der Hofdame Frau von Kamecke
(Briefwechsel Friedrichs mit der „alten“ K.). Frau v. Rocoules, eine
flüchtige Hugenottin, schon die Erzieherin seines Vaters, seine und seiner
Schwester Wilhelmine Gouvernante.
Vom 7. Jahre an sein Gouverneur der durch treffliche militärische Eigen¬
schaften ausgezeichnete 60jährige General Graf v. Finkenstein, dem Oberst
v. Kalkstein beigegeben wird. Des Königs eigenhändige Instruktion fordert
Erziehung zu Gottesfurcht, Liebe zum Soldatenstande, Sparsamkeit und Massig¬
keit. Ausser den Lehren der christlichen Religion soll er an Sprachen Fran¬
zösisch und Deutsch unter Ausschluss des Latein lernen, an Wissenschaften
Rechenkunst, Mathematik, Artillerie, Ökonomie, Völkerrecht und Geschichte
(die alte Geschichte nur „überhin“, die letzten 150 Jahre genauer, diebranden¬
burgische Geschichte am ausführlichsten. Vgl. die entsprechenden Anordnungen
Kaiser Wilhelms II.). Schon früh in militärischen Dienst genommen, zeigt er
wenig Neigung für das Mechanische des Drills. Das geistlose Auswendiglernen
des Katechismus und zahlreicher Bibelsprüche macht ihn gleichgiltig gegen
die Wahrheiten der christlichen Religion; dagegen erweckt sein französischer
Lehrer D uh an de J an dun in ihm die Liebe zu den schönen Wissenschaften.
Mit der wachsenden Abneigung gegen die Liebhabereien des Vaters (Jagd,
sabakskollegium, blaue Kinder) bildet sich ein Gegensatz zu diesem heraus.
Infolgedessen erfährt er harte Behandlung, ja Misshandlung von dem Vater.
Das Missverhältnis schärft sich, je mehr Friedrich im Geheimen seinen vom
Vater gemissbilligten Neigungen sich hingiebt (beim Flötenspiel, in dem ihn
Quanz aus Dresden unterrichtet, überrascht, wird er vom Vater als „effemi-
niert , „Querpfeifer und Poet“ hart getadelt), und auch in seiner sonstigen
Lebensführung diesem nicht unbegründeten Anlass zum Tadel bietet. Der
Lieblingsplan seiner Mutter, ihn mit einer englischen Prinzessin zu verheiraten
und seine Schwester dem Prinzen von Wales zu vermählen, scheitert an
der verletzend kühlen Haltung des englischen Hofes und den Ränken Öster¬
reichs (Vgl. §15, VI,). Die Steigerung der väterlichen Misshandlungen veran¬
lasst Friedrich endlich zur Flucht.
1740
bis
1786