Full text: Geschichte des preußischen Staates

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Gatten zugethan war. Sie verzichtete auf ihre eigenen Bequemlich¬ 
keiten und wich fast keine Stunde mehr von seiner Seite. Sie begleitete 
den hohen Kranken nach den verschiedenen Kurorten, sie richtete ihm 
die Kissen zurecht, sie reichte ihm den erquickenden Trank, ein Buch, 
eine Zeitung, ein Blatt Papier und tröstete ihn in traurigen Stun¬ 
den. Mit dem größten Opfersinn harrte sie an feinem Schmerzens¬ 
lager aus bis zum letzten schwersten Augenblicke. Von solcher Liebe 
und Hingebung tief gerührt, schrieb der stille Dulder wiederholt aus 
einen Zettel: „Wie soll ich Dir das alles vergelten?" 
Ihr Schmerz über den Tod des geliebten Gemahls war unbe¬ 
schreiblich. Die treue Liebe und das Glück ihrer Kinder und das 
Spenden von Wohlthaten sind seitdem ihr Trost und ihre Freude. 
Von allen Seiten wird die so schwer heimgesuchte „Kaiserin Friedrich", 
wie sie sich nach dem Tode ihres Gatten nennt, herzlich geliebt und 
hoch geehrt. 
Aönig und Kaiser Wilhelm H. Seit dem 13. Zum 1888. 
Wahlspruch: „Allweg gut Zollre." 
I. Die Jugendzeit. 
Geburt. Kaiser Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 im 
kronprinzlichen Schlosse zu Berlin als der älteste Sohn des Kaisers 
Friedrich III. und der Kaiserin Viktoria geboren. 101 Kanonen¬ 
schüsse verkündeten nach alter Sitte den Bewohnern der Hauptstadt 
das freudige Ereignis. Ganz besonders freute sich der Großvater, 
der damalige Prinz-Regent und nachmalige Kaiser Wilhelm I., über 
die Geburt des kleinen Prinzen. In größter Eile kam er in das 
kronprinzliche Palais, um den Neugeborenen zu sehen und die Eltern 
zu beglückwünschen. In der Taufe erhielt unser Kaifer die Namen: 
Friedrich Wilhelm, Viktor, Albert. Sein Rufname war anfangs 
Fritz, jedoch wurde er später dem Großvater zu Liebe mit Wil¬ 
helm angeredet, der auch wünschte, daß sein Enkel einst als Kaiser 
ebenfalls seinen Namen tragen möchte. 
Als der Prinz noch nicht ein Jahr alt war, besuchten gelegentlich 
ermge Berliner Bürger den Kaiser Friedrich. Der glückliche Vater zeigte 
ihnen bet dieser Gelegenheit auch sein ältestes Söhnchen, den Prinzen 
Wilhelm, und einer der Herren reichte dem Kleinen seine Uhr zum Spielen. 
Der Prinz freute sich sehr, hielt die Uhr mit beiden Händchen fest und 
wollte sie nachher nicht wieder loslassen. Lächelud sagte der Vater: „Was 
ein Hohenzoller einmal in den Händen hat, das läßt er so leicht nicht 
wieder los." 
Erziehung und Unterricht. Seine ersten Jugendjahre verlebte 
der Prinz größtenteils im Neuen Palais zu Potsdam und auf dem 
Gute Bornstedt. Seine Erziehung übernahm die Mutter selber mit 
vieler Liebe und Hingebung. Frühzeitig pflanzte sie in das junge
	        
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