fullscreen: Geschichte von Mainz und Umgegend

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2. Der so oft erprobte Mainzer Wohlthätigkeitssinn bethätigte 
sich auch in diesem Kriege. Es bildeten sich Vereine zur Bewirtung 
der durchziehenden Truppen, zur Unterstützung der Invaliden, der 
Hinterbliebenen der Gefallenen, der durch den Kneg notleidenden Ein¬ 
wohner, zur Ausrüstung der Lazarettzüge und Pfennigsammlungen für 
die Opfer des Krieges. "Eine überaus menschenfreundliche und ersprie߬ 
liche Thätigkeit entfalteten der „Hilfsverein für Krankenpflege und 
Unterstützung der Soldaten im Felde" und der mit ihm verbundene 
„Frauenverein für Krankenpflege". Die vom Frauenvereine geleitete 
Arbeitswerkstätte befand sich in den Räumen des hiesigen Stadttheaters; 
hier waren oft 200 Frauen und Jungfrauen zugleich beschäftigt, 
Leinenzeuge, Verbandgegenstände, wollene Hemden, Jacken, Strümpfe rc. 
herzustellen. Frühzeitig hatte auch die Militärbehörde sechzehn 
Dampfschiffe zum Transporte der Kranken und Verwundeten nach den 
rheinabwärts gelegenen Lazaretten gemietet. Diese Schiffe versah der 
Hilfsverein ebenfalls mit Ausrüstungsgegenständen und Pflegepersonen. 
Leider brachte auch dieser Krieg eine ansteckende Krankheit, nämlich 
die Blattern. Ein besonderes, von dem allgemeinen Verkehre abge¬ 
schlossenes Blatternspital wurde zur Aufnahme und Verpflegung der 
mit der Seuche Behafteten errichtet; dasselbe stand vor dem damaligen 
Münsterthore. 
3. Am 15. März 1871, als das blutige Ringen beendet war, 
traf der neue deutsche Kaiser unter dem Donner der Kanonen und dem 
Jubel der Bevölkerung auf der Durchreise nach Berlin in Mainz ein. 
Nicht lange nachher erfolgte auch die Heimkehr der Truppen, und 
mit Stolz sah man Mainzer beim Einzuge das „Eiserne Kreuz" 
tragen. Zwei Denkmäler sind auf dem hiesigen Friedhofe zur Erinne¬ 
rung an die gefallenen Krieger errichtet; auf dem einen finden sich 
die Namen der vierzehn Mainzer verzeichnet, die auf dem Schlacht¬ 
felde oder später an ihren Wunden den Heldentod fürs Vaterland 
starben; das andere, ans welchem ein sterbender Löwe ruht, trägt 
folgende Inschrift: „Aus eroberten Kanonen, von Kaiser Wilhelm ge¬ 
geben, errichteten Bürgerschaft und Garnison den zu Mainz infolge 
des Feldzuges verstorbenen Kriegern dieses Denkmal". 
44* Die Erweiterung der Stadt und der Rheinufer. 
1872. 
1. In Kriegszeiten war die starke Befestigung unserer Stadt 
stets von großem Nutzen, in Friedenszeiten dagegen auch oft ebenso 
störend und hemmend. Bis 1863 waren z. B. mit dem Glocken¬ 
schlage zehn abends alle Thore geschloffen. Jeder, der nicht einen 
sogenannten „Thorpaß" besaß, konnte weder aus der Stadt hinaus 
noch in dieselbe hinein kommen. So geschah es einst, daß ein 
Mainzer Arzt, der abends von Kastel kam, das Mainzer Brücken-
	        
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